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Meisterwerk-Revue ?

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Zwar scheint den Direktoren der österreichischen Bundesmuseen der Bau von Speichern und die Sanierung ihrer bereits bestehenden Häuser wichtiger als Diskussionen über Neustrukturie-rungen nach dem Jahr zweitausend. Nichtsdestoweniger ist der Architektenwettbewerb mit der Auflage, für die Wiener Hofstallungen einen großen Museumsund Ausstellungskomplex mit gemischter Nutzung zu entwerfen, in die erste Phase getreten, und internationale Museumsfachleute, Architekten und Künstler trafen einander kürzlich im Rahmen eines Symposions, um über ihre Erfahrungen oder ihre Träume von einem zeitgemäßen Museum zu referieren.

Die Vorstellungen, wie die zu den großen Ringstraßenmuseen ideal gelegenen ehemaligen Hofstallungen gestaltet werden sollten, sind breit gefächert. Die Nutz- und Stellflächen der Hofstallungen betragen 50.000 beziehungsweise 20.000 Quadratmeter und erreichen die Ausmaße des Museė d’Orsay in Paris, mit dem umfangreichsten zusammenhängenden Museumsareal. In den Referaten des Symposions wurde eine Art Disneyland für ein Vergnügen suchendes Massenpublikum (Rainer Verbizh, Mitarbeiter am Programm für das staatliche Kulturprojekt „Parc de la Villet-te“ in Paris) ebenso vorgeschlagen wie ein „Museum der Meisterwerke“ (Stephan Waetzoldt, Generaldirektor der Staatlichen

Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin).

Ausgehend von Untersuchungen, denen zufolge es Museen für Touristen, also Erstbesucher gibt und solche für Stammbesucher, entwarf Waetzoldt als „österreichische Jahrhundertchance“ ein Museum, das „Ziel und Höhepunkt von Kulturtouristen aus aller Welt“ sein sollte, da dort die Höhepunkte des gesamten österreichischen Kulturerbes auf einem Platz zu finden wären. Daß durch die Herausnahme von Meisterwerken die bestehenden Museen zu Sammlungen zweiter Wahl degradiert würden, daß keine neuen Entwicklungen aufgezeigt werden könnten, ist nach Meinung Waetzoldts irrelevant. Die übrigen Museen wären dann Museen für Stammgäste. Seiner Meinung nach sollte auch das Berühren von Objekten nicht verboten sein, weil sich so ein Werk am besten erschließen lasse.

Weniger revolutionär, dafür aber effizienter im Hinblick auf eine eindrucksvolle Präsentation der Objekte sind die Visionen von Henk Jan Gortzak, Direktor der Kinderabteilung des Tropenmuseums in Amsterdam. Er propagiert ein Museum mit vielen kleinen, den individuellen Bedürfnissen der Exponate entsprechenden Schauräumen und Räumen für Gruppengespräche, Vorträge sowie Filmvorführungen, in denen Museumspädagogen dem Bildungsauftrag nachkommen.

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