6971702-1985_32_14.jpg
Digital In Arbeit

Meisterwerke

Werbung
Werbung
Werbung

„Geschichte”, meint der Berliner Historiker und Publizist Sebastian Haffner, „wird nach literarischen Gesichtspunkten geschrieben, bestenfalls. Schlimmstenfalls und oft genug wird sie nach politischen Gesichtspunkten geschrieben und ist einfach stehengebliebene Propaganda.”

Sieht man die Sache so, gehört Haffner als Geschichteschreiber jedenfalls ganz gewiß zur Kategorie der Literaten, nicht der Propagandisten.

Haffner ist ein begnadeter Publizist: Trefflich in der Wortwahl, leicht verständlich in der Formulierung, dennoch überaus scharfsinnig in der Analyse. Die Lektüre seiner Werke ist ein Vergnügen. Das gilt gerade auch für sein jüngst erschienenes Buch „Im Schatten der Geschichte”, einer

Sammlung historisch-politischer Essays aus den Jahren 1966—1982.

Die hier gesammelten 26 Aufsätze sind Meisterwerke historisch-politischer Publizistik, obwohl man gelegentlich durchaus den Eindruck bekommen mag, daß der Autor bei der einen oder anderen Interpretation etwas zu weit geht. Dennoch: Seine Argumente sind zumeist gut untermauert und regen allemal zum Nach- und Weiterdenken an.

Dabei läßt er sich leiten von dem, was er in einem der Essays auch als Anforderung an die Politik stellt: der Vernunft, dem nüchternen Tatsachensinn und Interessenkalkül, dem vorsichtigen Abwägen und umsichtigen Berechnen aller Aspekte und Folgen einer Entscheidung, der kalten Unterdrückung vorgefaßter Wünsche und spontaner Gefühle.

Alles in allem: Haffner lesen heißt, sich hineinziehen zu lassen in die faszinierende Welt intellektuellen Schaffens, konkret: der kenntnisreichen Analyse sowie Interpretation vergangener und gegenwärtiger Ereignisse und Entwicklungen. Ein anregendes, ein wertvolles Buch.

IM SCHATTEN DER GESCHICHTE. Von Sebastian Haffner. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1985. 352 Seiten, Ln., öS 265,20.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung