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Menetekel - Weckruf?

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Sozialwissenschaftler des „Stanford Research Institutes" in Kalifornien haben ein „Frühwarnsystem für zukünftige Gesellschaftsprobleme" erarbeitet. Im folgenden werden einige Fragenkomplexe, deren Behandlung von den Forschern als vordringliche A ufgabe angesehen wird, und die für die Wirtschaft bedeutsam sind, wiedergegeben:

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Sozialwissenschaftler des „Stanford Research Institutes" in Kalifornien haben ein „Frühwarnsystem für zukünftige Gesellschaftsprobleme" erarbeitet. Im folgenden werden einige Fragenkomplexe, deren Behandlung von den Forschern als vordringliche A ufgabe angesehen wird, und die für die Wirtschaft bedeutsam sind, wiedergegeben:

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• Kumulative Effekte der Umweltverschmutzung: Mit der Entwicklung neuer industrieller Verfahren und der Herstellung neuer Produkte hat sich die Anzahl und die Menge neuer chemischer Verbindungen, die in die Umwelt abgegeben werden, dramatisch erhöht.

Die Auswirkungen dieser Verbindungen auf die Gesundheit und die Persönlichkeit des Menschen und auf die Stabilität unseres Öko-Systems kann für Jahre, sogar für Generationen, unerforschbar bleiben.

• Wachsendes Bedürfnis nach einer „angepaßten“ Technologie: Da wir uns offensichtlich den Grenzen des Wachstums nähern - gleich, ob sie durch ökonomische oder politische Ziele gesteckt sind -, müssen wir uns daran gewöhnen, das Niveau und das Muster unseres Konsums zu vereinfachen.

Wir müssen in angemessener Weise die Entwicklung „mittlerer“ Technologien ebenso fördern wie eine Ethik, die auf Unterstützung statt auf Konkurrenz basiert, weil es andernfalls immer schwieriger wird, die drängenden Probleme zu lösen, die darin bestehen, auf neue Weise in einer Welt zunehmenden Mangels gesund zu leben.

Wenn wir es nicht schaffen, diese „mittlere“ Technologie zu entwickeln, fehlen uns in einer Zeit des Stresses und der sozialen Veränderung Möglichkeiten für kreatives, soziales und technisches Lernen.

• Konflikt zwischen geringem Wirtschaftswachstum und wachsenden Erwartungen: Die weltweite Expansion von Kommunikations- und Transportnetzwerken führt zu ständig steigenden materiellen Erwartungen und macht den Menschen im unteren ökonomischen Spektrum ihre Benachteiligung deutlich.

Die Kluft zwischen reichen und armen Nationen wächst rasch. Ein Ausweiten der Kluft erhöht die Wahrscheinlichkeit politischer Instabilität und Gewalttätigkeit.

• Chronische Arbeitslosigkeit: Im Gegensatz zu vielen anderen Forschern glauben wir, daß unsere Gesellschaft mit einer grundlegenden Veränderung unserer wirtschaftlichen Situation konfrontiert ist, die die Möglichkeit chronischer Arbeitslosigkeit miteinschließt.

Verschiedene Analysen zeigen schon heute ein großes Ausmaß versteckter Arbeitslosigkeit und deuten an, daß es in Zukunft mehr davon geben wird.

Grenzen im Management großer, komplexer Systeme: Die Fähigkeit, große, komplexe Systeme zu schaffen (wirtschaftliche, politische, soziale), bringt nicht automatisch die Fähigkeit mit sich, diese Systeme effektiv zu kontrollieren. Zudem haben große komplexe Systeme die Tendenz, weniger produktiv zu werden, während sie zugleich weniger beherrschbar und weniger demokratisch kontrollierbar werden.

Lösungsansätze stoßen an die Grenzen der Institutionen: Institutionelle

Grenzen bringen es mit sich, daß immer nur bestimmte Aspekte von Problemen behandelt und umfassende Lösungsversuche verhindert werden. Die sich daraus ergebenden Frustrationen und Konflikte stellen die Legitimität der Institutionen unserer Gesellschaft in Frage und erzeugen die Gefahr, daß es zu Gewalttätigkeit mit dem Ziel der Zerstörung dieser Institution kommt.

• Bedarf nach besseren Theorien für unser sozio-ökonomisches System: Es gibt Fortschritte im Management unserer sozialen Systeme. Aber die Theorien, aufgrund derer Probleme erkannt und Lösungen gefunden werden können, sind nicht gut genug ausgebildet.

• Soziale Konsequenzen der Energiesituation: In unserem Jahrzehnt wird es Unsicherheit und Verzögerungen beim Versuch geben, neue Energiequellen zu erschließen. Unvermeidlich wird dadurch ein starker Druck in Richtung auf Konsumkontrolle, auf Rationierung und Verstaatlichung von Versorgungsbetrieben der Kohle-, öl- und Gasindustrie ausgeübt.

• Neue Nationen und das Ende des Erdöls: Bis die hochentwickelten Nationen in den nächsten 25 Jahren neue Energiequellen erschließen und dem Verbrauch zugänglich machen, werden sie die meisten Ölreserven in der Welt aufgebraucht haben.

In diesem Prozeß werden sie verhindern, daß die Dritte Welt Zugang zu billigen Energiequellen erhält - und

dies in einer Zeit, die für die Entwicklung dieser Nationen von großer Bedeutung ist.

• Weltweite Holzknappheit: Ungefähr ein Drittel der Weltbevölkerung braucht Holz als wichtigsten Brennstoff. Das Bevölkerungswachstum führt deshalb zu einem Abbau der Holzreserven, besonders in Afrika, dem indischen Subkontinent und in Lateinamerika.

Dies hat eine Entwaldung zur Folge, die Erosion, Flurschäden, Klimawechsel und Verlust voą Ackerland mit sich bringt.

• Die Verletzbarkeit unserer Wasserversorgungssysteme: Die Entwicklung hochgiftiger chemischer und bakteriologischer Substanzen und die zunehmende Verfügbarkeit mächtiger radio- logischer Materialien bedeuten eine deutliche und schon heute gegenwärtige Gefahr.

Wenn diese Stoffe durch Zufall oder absichtlich in die öffentliche Wasserversorgung eingebracht werden, hätte dies katastrophale Ergebnisse.

• Zu Katastrophen führende Experimente: Das destruktive Potential einiger neuer und in Entwicklung befindlicher Technologien hat zu der Frage geführt, ob bestimmte Forschungsarbeiten verboten werden sollten. Dagegen steht die traditionelle Ethik und Praxis der Wissenschaft und das potentielle Gute, das von der erfolgreichen Entwicklung solcher Technologien erwartet werden kann. Es gibt keine Methoden, mit denen potentiell zu Katastrophen führende Experimente im vorhinein identifiziert werden können.

(Auszug aus der Dokumentation im Heft 3/Jg. 81 der Katholischen Sozialakademie Österreichs KSÖ)

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