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„Menschenrechte stehen auf der Tagesordnung“

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Sie war einen Tag in Wien, besuchte das Flüchtlingslager Traiskirchen und sprach mit Vertretern des Innen- und Außenministeriums: Staatssekretärin Patricia M. Derian, ^Menschenrechtsberaterin des US-Präsidenten Jimmy Carter. Eine Informationsreise durch Europa führte sie auch zu einem Blitzbesuch nach Österreich, wo sie mit hiesigen Experten über „Flüchtlingsprobleme und Fragen von gemeinsamem Interesse“ diskutierte. Sie war viele Jahre hindruch in amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen aktiv und eine Beraterin Carters während seiner Präsidentschaftskampagne. Wir veröffentlichen hier Auszüge aus einem US-Fernsehinterview mit Patricia M. Derian.

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Sie war einen Tag in Wien, besuchte das Flüchtlingslager Traiskirchen und sprach mit Vertretern des Innen- und Außenministeriums: Staatssekretärin Patricia M. Derian, ^Menschenrechtsberaterin des US-Präsidenten Jimmy Carter. Eine Informationsreise durch Europa führte sie auch zu einem Blitzbesuch nach Österreich, wo sie mit hiesigen Experten über „Flüchtlingsprobleme und Fragen von gemeinsamem Interesse“ diskutierte. Sie war viele Jahre hindruch in amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen aktiv und eine Beraterin Carters während seiner Präsidentschaftskampagne. Wir veröffentlichen hier Auszüge aus einem US-Fernsehinterview mit Patricia M. Derian.

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FRAGE: Können Sie Fälle anführen, die zeigen, daß durch die Politik der Carter-Administration größere Freiheitsräume geschaffen wurden als durch die Politik früherer Regierungen der USA?

DERIAN: Es wäre arrogant von der US-Regierung, wenn sie für sich beanspruchen wollte, daß durch ihre Initiativen wunderbare Dinge geschehen seien. Die endgültige Entscheidung hegt schließlich bei dem Land, das unmittelbar verwickelt ist. Aber ich glaube, daß durch das verstärkte weltweite Interesse an Menschenrechtsfragen erreicht wurde, daß viele politische Gefangene, die für unbestimmte Zeit in einem Gefängnis hätten schmachten müssen, heute frei sind.

FRAGE: Was sagen Sie zu Bundeskanzler Schmidts Kritik an der „öffentlichen“ Menschenrechtspolitik Carters? Es wurde angedeutet, daß diese Politik die Rückführung von Bürgern deutscher Abstammung aus der Sowjetunion und aus Polen gefährdet hätte.

DERIAN: Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren eine Anzahl von offiziellen Besuchern aus der Bundesrepublik bei mir gehabt. Wir haben gerade dieses Problem der Rückführung eingehend erörtert und die Frage, die ich dabei immer wieder gestellt habe, war: Haben die Initiativen unserer Regierimg die Bonner Menschenrechtspolitik in irgendeiner Weise beeinträchtigt? Bis jetzt hat mir das noch niemand bestätigt.

FRAGE: Zwei Hauptkritikpunkte an der US-Menschenrechtspolitik sind, daß sie zum einen selektiv und inkonsequent sei und daß sie zum anderen - besonders in Lateinamerika -das einzige Kriterium amerikanischer Außenpolitik geworden sei. Faktoren wie die Wirtschaft und andere Angelegenheiten würden völlig außer acht gelassen...

DERIAN: Unsere Politik ist konsequent, was die Ubereinstimmung mit den Zielen der Menschenrechtskampagne betrifft. Aber es gibt viele Wege, die Dinge an den Mann zu bringen, ihnen Wirkung zu verschaffen. Manchmal setzt man einen symbolischen Akt, manchmal benützt man dazu „private“ oder „stille Diplomatie“. Man wendet an, was man für das Wirksamste hält. Das Ziel ist, etwas für Menschen zu tun, die leiden.

Wenn wir in einigen Fällen Sanktionen ergreifen, dann deshalb, weil wir vom US-Gesetz her dazu verpflichtet sind. Das schlägt sich in der Zustimmung zu Bankanleihen, Krediten oder im Verkauf von Waffen nieder. Natürlich müssen diese Sanktionen wohlüberlegt sein, denn die gegenwärtige Situation, die Geschichte und der Stand der Entwicklung des Landes, das davon betroffen ist, müssen jeweils berücksichtigt werden

FRAGE: Ist diese Politik wirklich so

konsequent? Die USA haben zum Beispiel der Sowjetunion bei der Behandlung ihrer Dissidenten eine ganze Menge angekreidet, aber nie eine öffentliche Streitfrage aus der Situation in der Volksrepublik China gemacht, wo man annehmen kann, daß die Regierung ihre Dissidenten auch nicht gerade mit Glacehandschuhen anfaßt. Was ist der Grund für diese unterschiedliche Behandlung?

DERIAN: Wir versuchen jeweils jene Maßnahmen zu setzen, die am wirksamsten sind. In einigen Fällen genügt es, wenn wir eine Erklärung in der Öffentlichkeit abgeben In anderen Fällen sind diplomatische Diskussionen oder „stille Diplomatie“ die Methoden, die wir anwenden. Was China anbetrifft, haben wir über Menschenrechtsangelegenheiten auf höchster diplomatischer Ebene gesprochen. Die Menschenrechte stehen also auf der Tagesordnung.

FRAGE: Wie steht es um die Verwirklichung der Menschenrechte in den USA selbst? Kann man hier einer Lösung entgegensehen?

DERIAN: Wir haben eine Verfassung, die unsere Freiheiten genau festlegt. Einige Perioden in unserer Geschichte waren wirklich finster für einen Teil unserer Mitbürger. Heute haben wir besonders das Problem der jungen schwarzen Bürger, von denen viele keine Aussicht haben, in der Zukunft eine Arbeit zu bekommen.

Es wird auch in den USA niemals Perfektion herrschen. Wir sind sehr vorsichtig, wenn wir in andere Länder gehen und spielen denen nicht vor, daß wir in den Vereinigten Staaten ein Paradies haben. Und wir gehen nicht mit einem Konzept der geoffenbarten Wahrheit hausieren. Die Menschenrechte sind ein Problem, das alle Regierungen und alle Menschen betrifft.

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