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Menschenrechte und sterreich

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„Nur sehr langsam, und immer wieder von mehr oder weniger schweren Rückschlagen unterbrochen, beginnen sich die Menschenrechte weltweit durchzusetzen. Auch in unserem Land sind wir da oder dort von ihrer uneingeschränkten Anerkennung noch merkbar entfernt.“ Diesen bemerkenswerten Satz schreibt Alfred Ströer, Präsident der österreichischen Liga für Menschenrechte, in der jüngsten Nummer von „Das Menschenrecht“, dem Organ der österreichischen Liga.

Möglich, daß Alfred Ströer recht hat, es kann auch sein, daß er etwas überzeichnet. Kein Zweifel besteht aber darüber, daß in Österreich Menschenrechtsfragen unter ihrem Wert geschlagen werden. Unsere Wohlstandsgesellschaft, die dazu neigt, nur das zur Kenntnis zu nehmen, was sich in Schilling und Groschen ausdrücken läßt, scheint manchmal Debatten über Menschenrechte als etwas überholtes, im 19. Jahrhundert ohnehin gründlich ausdiskutiertes zu qualifizieren.

Anläßlich des nun beginnenden Jahres der Menschenrechte, das seinen Höhepunkt mit dem 30. Jahrestag der UN-Menschenrechtsdeklaration finden wird, sollte man sich auch in Österreich - und hier vor allem die zuständigen Parlamentarier- ein wenig an der Nase nehmen und überlegen: Welchen Beitrag leistet Österreich international gesehen, um den Menschenrechten in einer Vielzahl auf diesem Gebiet total unterentwickelter Länder zum Durchbruch zu helfen?

Einen kleinen Impuls in dieser Richtung hat die Österreich-Sektion von Amnesty International zur echten Zeit gesetzt: Sie richtete an die Klubobmänner aller drei im Nationalrat vertretenen Parteien einen Appell, dafür Sorge zu tragen, daß auch der österreichische Nationalrat möglichst bald die UN-Weltpakte für bürgerliche und politische sowie für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziere. Diese beiden Pakte aus dem Jahre 1966, so meint Amnesty, hätten für die unterzeichnenden Staaten rechtsverbindlichen Charakter, während die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte mehr als moralisch verpflichtende Absichtserklärung zu werten sei.

Es ist zwar richtig, daß Außenpolitik-Experte Dr. Karasek den besten Willen hat, die Ratifizierung der genannten Weltpakte möglichst im heurigen Jahr, dem Jahr der Menschenrechte, über die Bühne zu bringen. Derzeit wird die Ratifizierung in Unterausschüssen vorbereitet. Die Hindernisse auf dem Weg zur Ratifizierung liegen vermutlich nur im formaljuridischen Bereich: Sollen die beiden Pafcte in Österreich Verfassungsrang zuerkannt bekommen? Wie sieht es mit den konkreten Ausführungsgesetzen aus? Erfreulich ist immerhin, daß SP-Klubobmann Heinz Fischer seitens seiner Fraktion volle Unterstützung zugesagt hat.

Genauso richtig ist aber das Argument von Amnesty, auch andere Länder hätten ähnliche Schwierigkeiten zu überwinden gehabt und daher stelle sich für Österreich langsam die Frage „nach dem politischen Willen und dem internationalen Verantwortungsbewußtsein“.

Unser Land täte gut daran, nicht nur mit dem Finger auf gewisse andere Staaten zu zeigen (wobei auffällt, daß sich der Finger gewisser Politiker stets nach Südafrika aber partout nicht nach Angola richtet), sondern selbst auch in der Unterwerfung unter internationale Menschenrechts-Abmachungen als Vorbild vorauszugehen. Leider aber ist das öffentliche Gewissen bei uns ein sanftes Ruhekissen. Wie schreibt doch Amnesty in seinem Appell an die Klubobmänner: „Menschenrechtsfragen sind im Nationalrat keine Themen.“

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