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Digital In Arbeit

Mikroelektronik: Ja, nur wie?"

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|_j s steht fest, daß der Mikro-JLyprozessor in seinem ureigensten Gebiet der Informationsverarbeitung im Büro kaum nennenswerte Rationalisierungsfortschritte gebracht hat und das .Büro' im weitesten Sinne des Wortes jener Bereich unseres Lebens ist, der in den letzten 50 Jahren die geringsten Produktivitätsfortschritte gemacht hat. Und das nicht von ungefähr, sondern weil es so ungemein schwierig ist, hier effektiv zu rationalisieren.

Weil hier organisatorische, geistige Leistung, personelle Vorbereitung mit der richtigen Sachinvestition zusammenkommen müssen, und die Beschränkung der personellen, geistigen und finanziellen Ressourcen zusammengenommen in einem Ausmaß wirksam werden, daß nicht die Sorge um einen .Jobkillereffekt', sondern um die Realisierung und Realisierbarkeit der unbedingt nötigen produktivitätsfördern-den Investitionen das Thema sein sollte.

Zu Beginn unseres Jahrhunderts waren rund acht Prozent der Beschäftigten mit Information befaßt, was immer das damals bedeutete. Heute sind es fast 50 Prozent. Umgekehrt waren zu Beginn des Jahrhunderts rund 50 Prozent in der Landwirtschaft beschäftigt, heute sind es weniger als zehn Prozent.

Eine andere Statistik berichtet, daß hinter einem amerikanischen Landarbeiter rund 800.000 Schilling Technologie stehen, für den Fabrikarbeiter liegt diese Zahl bei etwa 400.000 Schilling, hinter einem US-Büroarbeiter aber stehen nach dieser Statistik gerade 8000 Schilling Technologie. Das Büro von heute ist in den meisten Bereichen überbevölkert, untertechnisiert und unproduktiv.

Wenn man gleichzeitig davon ausgehen kann, daß, wie darzustellen sein wird, die Nachrichtentechnik bestens präpariert ist, weitere Fortschritte zu machen, leistungsfähiger und wirtschaftlicher zu werden, dann ist die Stoßrichtung, die auf das Büro von heute zielt, eigentlich klar. Sie heißt .mehr Technik' und sie heißt .mehr Produktivität*.

Daß sie gleichbedeutend ist mit .weniger Leuten', wie man das diskutiert, ergibt sich daraus zuerst einmal nicht, denn die Ausbreitung der Kommunikation schafft wohl auch Arbeitsplätze.

Unter dem Schlagwort .maßlos informiert' werden komplexe Da-

Zwang zur Rationalisierung, internationale Konkurrenzfähigkeit sind die Hauptargumente der Befürworter der neuen Technik. Sorge um die Arbeitsplätze bewegt vor allem die Gegner. Gibt es einen Ausweg aus dem Dilemma zwischen technischer Rückständigkeit und Massenarbeitslosigkeit? tenverarbeitungsapplikationen und ihr Output ob ihres Umf anges und ihrer Komplexität gegeißelt, in ihrer Beherrschbarkeit — oft zurecht — in Frage gestellt.

Gleichzeitig fehlen uns in weiten Bereichen für unsere täglichen Managemententscheidungen die wichtigsten Informationen als Grundlage.

Noch immer ist die Fähigkeit bei unsicherer Information, verursacht durch mangelnde Aufbereitung, einigermaßen richtige Entscheidungen zu treffen, erfolgversprechenderes Qualifikationsmerkmal des Top-Managers als die Fähigkeit, sich ein Informationssystem aufzubauen, das den Unsicherheitsspielraum auf die tatsächlich unwägbaren Komponenten einschränkt.

Wirtschaftswachstum wird in Zukunft angesichts knapper Ressourcen, steigender Weltbevölkerung und steigenden Lebensstandards sich nicht darin erschöpfen, mehr vom Gleichen zu produzieren, sondern neue Güter und Dienstleistungen bereitzustellen oder Bekanntes qualitativ besser, intelligenter und mit weniger Ressourcen zu machen. Dabei kann die Informationstechnik wertvolle Dienste leisten.

Erstens kann die Informationstechnik wie kein anderes Hilfsmittel dazu beitragen, Rohstoffe und Energie zu sparen: etwa in der Steuerung von Produktionsprozessen, von Motoren, von Verkehrssystemen oder von Energiesystemen in Gebäuden. '

Die Informationstechnik kann helfen, Rohstoffe und Energie zu gewinnen oder in komplexen Recycling-Prozessen wiederzugewinnen, Luft- und Wasserreinigungsanlagen zu optimieren oder Luft- und Wasserqualität zu überwachen. Dabei verbraucht sie selbst sehr wenig Rohstoffe und Energie, Mikroelektronik besteht ja im wesentlichen aus Sand als Ausgangsmaterial für die Siliziumtechnik und aus Intelligenz.

Zweitens kann die Informationstechnik helfen, unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten: Sie hilft den europäischen Volkswirtschaften, ihren Produktionsapparat zu modernisieren und sich auf neue Technologien zu spezialisieren, bei denen ihre Stärken voll zur Geltung kommen.

Dadurch ist es auch möglich, Platz zu schaffen für die Ansprüche der nachrückenden Industrieländer aus der Dritten Welt, weil wir ihnen ausgereifte Fertigungen mit hohem Arbeitsanteil überlassen können, wenn wir uns rechtzeitig auf neue Gebiete verlegen.

Ein drittes Problem löst uns die Informationstechnik in der Uberwindung der Informationsflut und in der Bewältigung der zunehmenden Komplexität, den beiden Hauptursachen für die beängstigende Unüberschaubarkeit in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Der Autor ist Assistant General Manager von IBM-Osterreich, der vorliegende Beitrag ein Auszug seines Referats auf einem Management Symposium im Mai 1982.

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