7015581-1988_25_03.jpg
Digital In Arbeit

Mildern hilft hier nicht

19451960198020002020

Nelson Mandela ist noch immer in Haft. Für sechs schwarze Todeskandidaten gibt es kaum Hoffnung. Aber Südafrikas Außenminister spricht vom Ende der Apartheid.

19451960198020002020

Nelson Mandela ist noch immer in Haft. Für sechs schwarze Todeskandidaten gibt es kaum Hoffnung. Aber Südafrikas Außenminister spricht vom Ende der Apartheid.

Werbung
Werbung
Werbung

FURCHE: Prominente Kirchenführer aus Südafrika haben jüngst erneut europäische Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika gefordert. Warum dies, wo doch die Regierung in Pretoria wieder verstärkt von Reformen spricht?

HORST KLEINSCHMIDT: Das Hauptanliegen der Kirchenvertreter war, deutlich zu machen, daß mit diesen Reformen nicht viel anzufangen ist. Die Kirchenführer sehen ja die Unterdrük-kung und zunehmende Repression in ihrem Land: Seit Februar sind 18 Organisationen gebannt; es gibt eine neue Gesetzgebung, die Arbeitgeber zwingt, die Mieten von den Schwarzen einzuhe-ben, weil die Behörden dies — wegen der enormen Höhe — nicht mehr können; es wurden Gesetze geschaffen, die verbieten, daß Gelder ins Land kommen, um beispielsweise Zeitungen der katholischen Kirche hier zu unterstützen. Die Kirchenführer drängen Europa, stärkeren Druck auf Südafrika auszuüben, weil die Reformen zu nichts führen.

FURCHE: Seit Monaten sind die Kirchen als Sprecher gegen die Apartheid noch aktiver als früher. Warum diese Entwicklung?

KLEINSCHMIDT: Durch Inhaftierung, Bannung und Exilierung wurden viele Sprecher der unterdrückten schwarzen Bevölkerung mundtot gemacht. Deshalb treten jetzt die Kirchen an die vorderste Front. Sie übernehmen die Rolle der Sprecher der Schwarzen und sagen, was diese gesagt hätten. Damit sehen sich die Kirchen selbst als Teil des Widerstandes in Südafrika.

FURCHE: Diese Rolle ist jedoch nicht unumstritten. Denken wir nur an die heftigen Angriffe des Chefs des Homelands KwaZulu,Mangosuthu Buthelezi, auf Bischof Desmond Tutu. Buthelezis Politik wird in Europa als eine Form des Widerstandes gegen die Apartheid dargestellt.

KLEINSCHMIDT: Die Rolle Buthelezis wird nur von gewissen Kräften als Gegnerschaft zur Apartheid gesehen. Die wichtigsten Aspekte seiner Politik weisen ihn als einen Unterstützer des Apartheidregimes aus. Er hat nie etwas gegen Maßnahmen gesagt, die sich aus der Apartheidpolitik Südafrikas ergeben. Niemals hat er gegen die Inhaftierung von Kindern protestiert. Es finden sich von ihm auch keine Aussagen über die schlechte Bezahlung der schwarzen Arbeiter und die neuen Maßnahmen gegen diese. Buthelezi ist grundsätzlich für alles, wofür auch die Apartheidführer selbst sind: Für zunehmende Investitionen in Südafrika, gegen alle Formen von Organisationen in schwarzen Gebieten.

FURCHE: Buthelezis Inkatha-Bewegung wird oft als gewaltfreie Initiative im Einsatz gegen Apartheid gesehen.

KLEINSCHMIDT: Buthelezi behauptet, er sei für eine gewaltlose Umgestaltung Südafrikas. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Inkatha ist in großen Zügen gewalttätig gegenüber ihren Opponenten. Sie wird auf brutalste Art und Weise von der südafrikanischen Polizei dazu benützt, gegen schwarze Oppositionelle vorzugehen. Die Begebenheiten in Pietermaritzburg und Durban während der letzten Monate (wo seit 1987 mehrere hundert Menschen in blutigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Inkatha und der linken Vereinigten Demokratischen Front UDF ums Leben gekommen sind, Anm. d. Red.) sind ein Zeichen dafür.

FURCHE: In Osterreich ist eine Kontroverse darüber ausgebrochen, ob Buthelezi einer Einladüng zum Europäischen Forum Alpach im August nachkommen und ob die österreichische Regierung die Einreise gestatten soll.

KLEINSCHMIDT: Ich halte es für sehr wichtig und gut, daß Österreich einmal. deutlich gemacht hat, daß man die Einreise Buthelezis nicht wünscht. Das ist ein Zeichen für die schwarze Bevölkerung in Südafrika, daß es in Europa auch Stimmen für die Unterdrückten gibt.

FURCHE: Ihre Organisation hat im vergangenen Jahr an die Weltöffentlichkeit appelliert, die Lage der Kinder in südafrikanischen Gefängnissen zu verbessern. Inwieweit ist hier etwas geSCftchCTt ?

KLEINSCHMIDT: Obwohl man in der europäischen Presse kaum etwas darüber liest, befinden sich zur Zeit noch immer Kinder in südafrikanischen Haftanstalten. Es gibt auch neue Verhaftungen. Manche sind schon seit 1985 im Gefängnis. Wir plädieren nicht für eine Verbesserung der Umstände der inhaftierten Kinder, sondern für deren Freilassung. Es kann hier nicht um ein Mildern der Lage gehen.

FURCHE: Welche Maßnahmen halten Sie als Südafrikaner für besonders dringend?

KLEINSCHMIDT: Die Weltöffentlichkeit muß sich zu Sanktionen durchringen und sich auch daran halten. Kohleimporte aus Südafrika spielen eine wichtige Rolle. Waffenlieferungen und Waffenersatzteillieferungen gehörten eingestellt. Apartheidun-terstützer gehören isoliert.

Horst Kleinschmidt ist weißer Südafrikaner im Exil und derzeit Direktor des International Defence and Aid Fund für Southern Africa (IDAF) in London. Mit ihm sprach Walter Sauer.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung