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Militärbündnis im Donauraum

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Die „offensichtliche Unfähigkeit der europäischen Strukturen", den Frieden im ehemaligen Jugoslawien wiederherzustellen und die „Sicherheit der Donaustaaten" zu gewährleisten, erfordert nach Ansicht des bulgarischen Verteidigungsministers Valentin Alexandrov eine dringende Koordination der Sicherheitsfragen dieser Länder.

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Die „offensichtliche Unfähigkeit der europäischen Strukturen", den Frieden im ehemaligen Jugoslawien wiederherzustellen und die „Sicherheit der Donaustaaten" zu gewährleisten, erfordert nach Ansicht des bulgarischen Verteidigungsministers Valentin Alexandrov eine dringende Koordination der Sicherheitsfragen dieser Länder.

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Da seitens der maßgeblichen Kräfte in Europa, den USA und der ehemaligen Sowjetunion keine konkreten Interessen am Donauraum bekundet würden, entstünde ein realpolitisch nicht vertretbares „strategisches Vakuum auf dem Territorium der Unteren Donau", sagte Alexandrov bei einem Vortrag im „Donaueuropäischen Institut" in Wien. Die Slowakei, Kroatien, Slowenien, Österreich, Ungarn, Rumänien und Bulgarien sollten daher die Verbindungen zwischen ihren Militärbehörden und Generalstäben intensivieren. Dabei sollten sie sich durchaus den „kom-ptenten Standpunkt der NATO und der Westeuropäischen Union" zunutze machen und den Dialog mit der KSZE suchen.

Ohne den Zusammenschluß der Donaustaaten könnten nationalistische, separatistische und extremistische Tendenzen gegenüber demokratischen Prinzipien Platz greifen und zu einer „kritischen" Situation führen, befürchtet Alexandrov. Das „Französisch-Deutsche" Bündnis" und die NATO garantierten Sicherheit lediglich in Westeuropa und zögen eine deutliche Grenze entlang des zerrissenen Eisernen Vorhangs.

Deutschland habe trotz seiner Sympathiebekundungen für Kroatien und Slowenien und der wirtschaftlichen Unterstützung Ungarns „offensichtlich nicht den Mut, seine Verantwortung für die Region zu erklären". Die historischen Bindungen, die „Generationen von Intellektuellen und Militärs aus dem Donauraum mit Mitteleuropa verbanden", verblaßten angesichts der Entscheidung des vereinigten Deutschland, eine Rolle als Großmacht wie in der Zeit vor 1914 nicht wieder anzustreben.

Wenig zu erwarten sei auch seitens der USA. Ihr Hauptinteresse richte sich nach dem Niedergang der ehemaligen Militärmacht Sowjetunion und dem damit verbundenen Ausfall des „Europäischen Kriegsschauplatzes" immer mehr auf den pazifischen Raum. In Europa schränke Amerika seine militärische Präsenz ein.

Alexandrov: „Offensichtlich beansprucht der .Wirtschaftskrieg' mit den in Asien entstandenen Wirtschaftsgiganten die Aufmerksamkeit der amerikanischen Führung mehr als die Überreste des ehemaligen Sowjetimperiums." „Moralische Unterstützung", wie sie die USA leisteten und leisten, sei zwar „etwas Gutes", aber „die materielle Präsenz ist noch besser", so Alexandrov.

Die Präsenz Frankreichs fehle ebenso, wenn auch die Aktivität des Landes Aufmerksamkeit verdiene. Und Großbritannien scheine zu seiner Strategie der „Splendid Isolation" zurückzukehren, konstatierte der bulgarische Verteidigungsminister.

Mit Hoffnung sei dagegen die Situation in der Ukraine zu verfolgen. Die Ukraine könne sich durchaus zu einem „ständigen Faktor mittlerer Größe in diesem Teil Europas" entwickeln. Allerdings dürfe angesichts • der fortdauernden Krise in Rußland der Einfluß des Ostens auf den Donauraum nicht überschätzt werden. Wie Alexandrov betonte, sei der Donauraum mehr als 300 Jahre das Hauptziel der Außen- und Militärpolitik Rußlands gewesen. Mit der Gründung der unabhängigen Ukraine habe es seinen direkten Zugang zum Donaudelta nun verloren und sei somit von den Donauländern strategisch abgetrennt.

Eine „Verletzung der Interessen der anderen Staaten zu beiden Seiten der Donau" ist nach Einschätzung Alex-androvs im Falle eines sicherheitspolitischen Zusammenschlusses von Österreich, Ungarn, Slowenien, Bulgarien, Rumänien und der Slowakei nicht zu befürchten. Diese Länder bildeten ein „geopolitisches Konglomerat", das sich über eine „natürliche Nähe" und „historisch bedingte Wurzeln" legitimiert.

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