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Miliz- oder Berufsheer?

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Auch in Österreich ist nun die Diskussion um die mögliche Umwandlung des Milizheeres in ein Berufsheer entbrannt. „Auch": Denn anderswo in Europa hat an sich von der scheinbaren Tabuformel „Demokratie = allgemeine Wehrpflicht" längst schon befreit. Aber hierzulande wird ja selten auf die internationalen Rahmenbedingungen Bezug genommen. Mir san mir. Aber was sind „wir" dann eigentlich? Überzeugte Anhänger der Wehrpflicht aller jungen Österreicher?

So direkt kann man das sicher nicht sagen. Widerlegen geht auch nicht: Alle Umfragen signalisieren Mehrheiten für das Bundesheer. Aber gewissermaßen nur „im Prinzip". Wenn's um den Emst geht, will niemand so recht ernst machen. Jeder Schilling, der für das Bundesheer ausgegeben werden soll, ist umstritten. Und überwältigend ist die Lust der Neunzehnjährigen (und ihrer Eltern, Bräute oder Dienstherren), aufs Bundesheer nicht.

Trotzdem meinen die Verteidiger der allgemeinen Wehrpflicht, diese sei als Errungenschaft der liberalen Demokratie zur Gemeinschaftsaufgabe geworden und dürfe nicht in Frage gestellt werden. Viele (und nicht nur Sozialisten) waren in der Vergangenheit auch besorgt, das Heer könnte wieder einmal Instrument parteipolitischer Kämpfe werden, und ein Berufsheer würde sich dafür mehr als ein „Volksheer" eignen.

Bedenkenswerte Gründe. Aber gelten sie wirklich noch? Ein Diktator, den es bei uns hoffentlich nie mehr geben wird, kann sich auch ein Milizheer dienstbar machen. Eine demokratische Regierung kann auch ein Berufsheer nicht mißbrauchen. Auch die eines Tages unvermeidlich werdende Diskussion, warum nur junge Männer und nicht auch junge Frauen einen Gemeinschaftsdienst ableisten, wäre mit einem Berufsheer leichter lösbar: Wer will, macht mit. Gezwungen wird niemand.

Für ein Berufsheer spricht aber vor allem der sachliche Bedarf. Die Erfordernisse einer nicht mehr vom Supermächtekonflikt, sondern von regionalen Störungen bedrohten Welt liegen mehr bei einer gut ausgebildeten, gut ausgerüsteten schnellen Eingreiftruppe. Das hat der Golfkrieg gelehrt, zu dem alle teilnehmenden Mächte nur Berufssoldaten entsandt haben. Das zeigt jetzt auch der Konflikt in Jugoslawien.

Frankreichs Staatspräsident Mitterrand hat bereits Präferenzen für ein Berufsheer erkennen lassen, gleiches wird in Deutschland und Italien diskutiert. Man weiß, daß eine Umstellung nicht von heute auf morgen erfolgen kann. Überall aber geht der Trend zunächst zu höheren Berufssoldaten- und niedrigeren Wehrpflichtigenteilen in einem Heer. Ein Diskussionsverbot würde Österreich lächerlich machen.

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