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Mißtrauen zwischen NGOs und Regierungsvertretern

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Am Freitag, 25. Juni, geht in Wien die Zweite UN-Menschenrechtskonferenz zu Ende. Amnesty international-Generalse-kretär Pierre Sane befürchtet ein mattes Schlußdokument

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Am Freitag, 25. Juni, geht in Wien die Zweite UN-Menschenrechtskonferenz zu Ende. Amnesty international-Generalse-kretär Pierre Sane befürchtet ein mattes Schlußdokument

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„Siehst Du, das ist die reale Welt! Das globale Dorf, in dem sowohl alle Schrecken der Welt sichtbar werden und sich trotzdem Bürger in kleinen Gruppen zu einem Dialog, zu politischen Aktionen zusammenfinden und dabei nicht auf ein Lächeln und auf andere Zeichen ihrer Lebensfreude vergessen. Das alles fällt uns schwer, während die im Süden es seit Jahrtausenden einüben.”

Johan Galtung, international aktiver Friedensforscher aus Norwegen, bestätigt meine Erfahrungen aus einer Woche UN-Menschenrechtskonferenz im Wiener Austria Center. Seine Sympathien gelten den regierungsunabhängigen Gruppen (NGOs). Seine Vision - ein Weltparlament direkt gewählter Vertreter von Völkern und auch deren Minderheiten.

Vorbei an agitierenden Oppositionellen und an den in bunkerartigen Sälen monologisierenden Referenten treffe ich auf einen jungen Sikh, einen Bekannten von früheren Konferenzen. Er wagte es, radikale Separatisten, die von einem unabhängigen „Khalistan” und Kaschmir träumen, mit dialogbereiten Sikhs, Hindus und Moslems zu einem Arbeitskreis „Konfliktlösungen im Süden Asiens” zusammenzubringen. Das Mißtrauen gegen Regierung und UN-Diplomatie sitzt tief.

Sind NGOs in der Lage, eigenständige Lösungen zu entwickeln und dann auch die Berufspolitiker und -diplomaten davon zu überzeugen? Einen ersten Schritt soll eine regionale Konferenz der NGOs setzen. Als einziger europäischer Gast bemühe ich mich, die ermutigenden und bitteren Erfahrungen der Unabhängigkeitsbestrebungen in Osteuropa, aber auch Modelle wie den Europarat begreifbar zu machen.

Die indigenen Völker haben in Rigoberta Menchu, der „Good-will-Botschafterin der UNO” ihre Vermittlerin vom Untergeschoß hinauf in den 1. Stock. Geduldig hörte sie sich am vergangenen Freitag vormittag im Plenarsaal, in dem nur ein Teil der Regierungsvertreter anwesend war, die Redebeiträge aus allen Kontinenten an. Manche waren vorsichtig konziliant und begrüßten zum Beispiel das vorgeschlagene „Jahrzehnt der indigenen Völker” und andere kleine Zugeständnisse.

Andere wieder, darunter eine Maori-Frau aus Neuseeland und der Jugendsprecher aus Lateinamerika, nennen die Schrecken und ihre Verursacher beim Namen. Kinderarbeit und Prostitution, von Killerkommandos verfolgte Straßenkinder, aber auch die soziale Misere in den Indianerreservaten der USA; das sind nur wenige Beispiel aus der langen Anklage, die Kinder und Jugendliche aus allen Kontinenten in eigenen Treffen zusammengetragen haben.

So konfrontierte ein Albaner aus dem Kosovo einen hochrangigen UNESCO-Mann mit der Weigerung der Serben, Unterricht in Albanisch zuzulassen. Der Bildungsbeamte redete von „laufenden Verhandlungen”, riet dem Albaner, die serbischen Schulen zu akzeptieren und propagierte weiter das blauweiße UNO-„Schutzschild” auf historisch wertvollen Gebäuden. Und das, obwohl längst klar ist, daß diese im bosnischen und vorher schon im kroatischen Kriegsgebiet nur als Hinweistafeln auf vorrangige Angriffsziele der „kulturellen Säuberungskampagne” dienen und dienten.

Nicht nur die skeptische junge Generation, sondern auch viele dialogbereite „alte” Basisaktivisten haben angesichts der undurchsichtigen Praktiken der die UN-Menschenrechtskonferenz entscheidenden Ausschüsse, aber auch aus Zeit- und Geldmangel vorzeitig Wien verlassen.

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