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„Mist-Wirtschafr" in Klosterneuburg

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Die ehemalige Babenberger-Residenz ist auch heute beliebte Wohngegend. Hautnah an Wien, und doch im Grünen. Rund 30.000 Menschen - im Sommer sind es noch einige Tausend mehr - genießen diese Lebensqualität.

Klosterneuburg ist fast ausschließlich Wohnstadt. Mit allen damit verbundenen Problemen: Wenig Arbeitsplätze, viel Verkehr - und viel Mist. Rund 8.000 Tonnen jährlich, Tendenz steigend.

Die Wienerwaldgemeinde verfügt über keine eigene Deponie. Jeder einzelne Müllsack muß nach Sieg-hartskirchen gekarrt werden und belastet somit das Gemeindebudget. Mülltrennung ist daher mehr Not als Tugend - auch wenn das phrasenreiche Klosterneuburger Abfall-Konzept mit dem denkwürdigen Satz „Abfall ist Rohstoff am falschen Platz" beginnt. Die flächenmaßige Ausdehnung erschwert effiziente Sammelformen.

So wird zum Beispiel Altpapier einmal monatlich abgeholt. Die umweltbewußten Bürger müssen ihre alten Zeitungen in gutverschnürten Kartons im Morgengrauen vor die Haustüre schleppen und können nur hoffen, daß es am „Papier-Los-Tag" nicht regnet, sonst verwandelt sich das Bündel

noch vor dem eigentlichen Recycling-Prozeß in Pappmache. Ständige Sammelbehälter stehen nur an wenigen Plätzen.

Wer über ein Auto verfügt kann seit Oktober 1990 sein Papierberge auch am Recyclingplatz abbauen. Dieser hat bürgerfreundliche Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag Vormittag und Dienstag bis Donnerstag auch von 13 bis 15.30 Uhr. Übernommen wird so ziemlich alles, was im Haushalt abfällt, vom Joghurtbecher bis zum Autowrack. Leider ist kein Fachmann dort, der echten Sondermüll von problemlosen Stoffen unterscheiden könnte.

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Der Biomüll ist trotz zahlreicher Gärten ein eigenes Problem. Rund 3.000 Haushalte - vorwiegend in den Kierlinger Wohnhausanlagen -können ihre Küchenabfälle in Biotonnen loswerden. Die Firma „bio-top" kompostiert dann fachgerecht. Jeder Haushalt wurde zu Beginn dieser Aktion von einem Berater besucht, parallel gab es Aufklärung in den Klosterneuburger Medien.

Diese Bemühungen haben sich gelohnt: die Sammelleidenschaft hat kaum nachgelassen. Nur der Verschmutzungsgrad ist leicht gestiegen, liegt aber noch immer unter dem internationalen Durchschnitt.

In Höflein läuft seit September 1990 der Versuch mit der Müllbox. Vier Plastiksäcke sind in einer Kiste verstaut: für Biomüll, Altpapier, Kunststoff-Folien und den Restmüll. Mangels Kontrollmöglichkeit ist hier der Verschmutzungsgrad beim Biomüll größer. Die Säcke für das Papier dürfen keinesfalls angefüllt werden, sonst lassen sie sich nicht mehr aus der Box heben. Generell fragwürdig ist die Sammlung von Biomüll in Haushalten, die über einen eigenen Garten verfügen. Hier mangelt es an Aufklärungsarbeit für die Eigenkompo-stierung. In den Sommermonaten finden sich immer noch mit Grasschnitt prallgefüllte Müllsäcke.

Der Mann am Umwelttelefon ist bemüht, aber eigentlich der Pressesprecher des Bürgermeisters und damit schon vollbeschäftigt.

Umweltberater, die in etlichen niederösterreichischen Gemeinden schon gute Arbeit leisten und an den Wurzeln - bei der Müllvermeidung und nicht erst bei der Verwertung - beginnen, sind in Klosterneuburg nicht erwünscht. Vielleicht weil sie nicht an die Weisungen der Politiker gebunden sind.

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