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Digital In Arbeit

Mit 50 fürs Fernsehen gestorben?

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Das munter-tüchtige Völkchen der Germanen ist immer noch für eine wirtschaftliche Sensationsmeldung gut. „Deutsches Privat-TV will nicht mehr für Seher über 50 senden- drohen die Schlagzeilen, daß die Satellitenschüsseln erzittern und einschlägige Kabel nur mehr zögernd deutsche Privat-TV-Ware ins Altersheim liefern.

RTL plus und SAT l,die beiden großen deutschen Privatsender wollen es angeblich amerikanischen Stationen nachmachen.

„Sie schmeißen gnadenlos jene Programme hinaus, die ein mehrheitlich über 50 Jahre altes Publikum anziehen- (Kurier). Allein das schon eine schreckliche Drohung! Man stelle sich vor, RTL und SAT 1 üben fürderhin keine Gnade mehr, nichts mehr wird aus Gnade gesendet werden.

Hat schon vor Monaten der Präsident der Fox Broadcasting „erklärt-: „Wir brauchen keinen einzigen Zuschauer über 50, um eine gesunde Programmfinanzierung zu gewährleisten-, so will der Chef von RTL natürlich nicht weniger clever sein: „Musiksendungen, die ein Publikum über 50 ansprechen, sind wirtschaftlich uninteressantSchau, schau - die Herren „Rattenfänger- haben auf einmal ihre „Philosophie- geändert. Die hohe Einschaltziffer ist tot, es lebe die kaufkräftige jüngere Seherschaft, die sich noch von der Werbung - jedenfalls nach Meinung der Werbefachleute -beeinflussen läßt.

Was für eine Erkenntnis! Mit einem Satz werden die jugendlichen Seher und Seherinnen beleidigt - hält man sie doch für eine leichte Werbebeute ob ihrer leichten Beeinflußbarkeit und verläßlich unkritischen Kauflust - und resigniert offensichtlich vor dem eher kritischen Käuferbewußtsein reiferer Leute.

Darum besteht auch kein Grund dazu, in der angekündigten „Programmphilosophie-einen weiteren Anschlag auf die Würde des älteren Menschen zu sehen. Im Gegenteil, es klingt fast nach einem impliziten Kompliment. „Mal sehen, wie es vor Ort läuft!- Wer die Einschaltziffern nicht geschafft zu haben scheint, wird wohl auch seine liebe Not mit den kaufkräftigen Jungsehern haben. Und - o unvermutete Werbeaskese - auf das Geld der Höchstverdiener will man wohl verzichten!

Ärgerlich ist nur die Selbstverständlichkeit, mit der Programmacher annehmen, daß Leute über 50 die Hauptkonsumenten ihrer vertrotteltsten Sendungen seien. Oder sollten die Produzenten von sich selbst auf ihre Konsumenten geschlossen haben?

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