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Mit der Armbrust ein Image erzielt

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Die Schweiz gilt im Ausland als klassisches Ferienland mit einer markanten Wirtschaftskompetenz. Ähnliche Wunschträume hegen auch Österreichs Werbestrategen.'

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Die Schweiz gilt im Ausland als klassisches Ferienland mit einer markanten Wirtschaftskompetenz. Ähnliche Wunschträume hegen auch Österreichs Werbestrategen.'

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Nicht von ungefähr tragen Schweizer Produkte oft eine Armbrust als Signet: Wilhelm Teils Schuß ins Schwarze beziehungsweise in den Apfel vor bald 700 Jahren mag als Hinweis dafür gelten, daß die Herstellung von Präzisionsinstrumenten in der Schweiz eine lange Tradition hat (allerdings streiten sich heuer die Gelehrten darum, ob die Armbrust um 1291 hierzulande überhaupt schon bekannt war...).

Tatsächlich gilt die Schweiz heute im Ausland nicht allein als Ferienland, sondern genießt auch den Ruf einer führenden Industrienation. Sorgfalt, Zuverlässigkeit, Anpassungsfähigkeit, hohe technische Kompetenz, Fortschrittlichkeit und gepflegter Service prägen das Image ebenso wie Schokolade und Käse. Schwieriger zu beantworten ist allerdings die Frage nach dem Zustandekommen dieses Images.

Zwar gilt die Schweiz vor allem als Touristikland, werden das Matterhorn, der Vierwaldstätter-see und das „Heidi-Land“ mit viel Geschick und oft auch Kitsch weltweit vermarktet. In den meisten Ländern gilt das Land allerdings auch als Erzeuger einer Vielzahl hervorragender Produkte.

Das ist eines der Ergebnisse einer Umfrage der Union der Schweizerischen Handelskammern im Ausland (SHKA) in 21 Ländern auf allen Kontinenten. Ebenfalls zum Image der Schweiz gehören der Wohlstand und die Banken.

Das Zustandekommen von solchen Images läßt sich nicht leicht nachvollziehen und auch nicht einfach beeinflussen. Neben der Fremdenverkehrswerbung wirken hier natürlich vor allem Schweizer Produkte mit dem Aufdruck „Made in Switzerland“ weltweit als „stumme Botschafter“. Eine herausragende Rolle hat hier über Jahrzehnte die Schweizer Uhr als Markenzeichen für Präzision und Zuverlässigkeit gespielt. Sorgfalt, Zuverlässigkeit, Anpassungsfähigkeit, Know how, Fortschrittlichkeit, Service und Stabilität nennt denn auch die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung als typisch schweizerische Leistungsmerkmale.

Als Land praktisch ohne eigene Rohstoffe ist die Schweiz wirtschaftlich darauf angewiesen, hochwertige Veredelungsprodukte anbieten zu können. Als Schrittmacher für die Imagebildung über die Schweiz nennt die erwähnte Umfrage an erster Stelle die Chemie- und Pharmaindustrie und die Maschinenindustrie, gefolgt von den Banken, der Uhrenindustrie, der Nahrungsmittelindustrie, dem Tourismus, der Hotellerie, den Versicherungen und der Textilindustrie.

Neben den Produkten und Dienstleistungen tragen — so die Ergebnisse weiter — auch Institutionen wie die Swissair als nationale Fluggesellschaft, die Schweizerische Verkehrszentrale und die Schweizerischen Handelskammern im Ausland zur Imagebildung bei.

Die Wirtschaftspartner der' Schweiz setzen damit aber auch hohe Erwartungen in geschäftliche Beziehungen mit Schweizer Unternehmungen:

„Im Vordergrund stehen günstige Preise und vorteilhafte Finanzierung, ferner gute Qualität, rasche Lieferung, guter Service, technische Kompetenz, hochstehende Technologie und ganz allgemein ein Vertrauensverhältnis“, erklärte dazu Robert A. Je-ker, Präsident der Union der Schweizerischen Handelskammern im Ausland, in einem Interview. „Der Schweizer gilt als zuverlässig und vertrauenswürdig. Er steht immer noch im Ruf, zu halten, was er verspricht“, stellt man auch bei der Zentrale für Handelsförderung fest, „in wirtschaftlichen Dingen, die ihm infolge seines angeborenen Sinnes für die Realität naheliegen, macht sich diese Verläßlichkeit besonders bemerkbar.“

Zugute kommt der Schweizer Wirtschaft dabei auch ihre vielfältige Struktur mit vielen kleinen und mittleren Unternehmungen, was die Flexibilität erhöht.So kann auch mit individueller Gestaltung, mit Spezialitäten und Spezialanfertigungen, mit Sonderausführungen und kleinen Serien auf die besonderen Wünsche der Kunden eingegangen werden. Individuelles Service wird entsprechend groß geschrieben.

Solche Faktoren, das bestätigt die Umfrage, sind für die Handelsbeziehungen viel entscheidender als ein positiv oder negativ gefärbtes Image. Dazu SHKA-Präsident Jeker: „Grundsätzlich haben sowohl positive wie negative Urteile über das Bild der Schweiz praktisch keinen Einfluß auf die Handelsbeziehungen. Entscheidend sind vielmehr Preis, Finanzierung, Qualität und Lieferfrist. Die Schweiz und schweizerische Unternehmen besitzen als Geschäftspartner grundsätzlich einen guten bis sehr guten Ruf.“

Diese Zuverlässigkeit und Seriosität mag aber auch gewisse Schattenseiten haben. „Als lustiges Völklein sind wir jedenfalls noch nie benannt worden“, stellt Urs Eberhard, Leiter Presse Ausland und Verkaufsförderung bei der Schweizerischen Verkehrszentrale (SVZ), mit Bück auf das Image Österreichs fest. „Das Perfekte an der Schweiz wird sehr hoch eingeschätzt. Bei den Österreichern ist es dagegen die Freundlichkeit.“

Und gerade diese Freundlichkeit läßt hierzulande gelegentlich zu wünschen übrig, klagen denn auch ab und zu Touristen. Das geht aus dem „Touristischen Lagebericht“ der Verkehrszentrale hervor.

Und neidvoll müssen die Schweizer auch feststellen, daß die kulturelle Präsenz der Schweiz im Ausland im Gegensatz zu jener Österreichs durchwegs schwach ist. „Dafür sind die Alpen bei uns spektakulärer, die Skiabfahrten länger“, spielt Urs Eberhard augenzwinkernd auf eine gewisse „Haßliebe“ zwischen Österreich und der Schweiz an.

Die Autorin ist Schweizerin und freie Journalistin.

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