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Mit der CDU ist das Gesprächsverhältnis erleichtert

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FURCHE: Sie haben den Ruf eines leidenschaftlichen Verfechters der freien Marktwirtschaft und gelten als sehr unternehmerfreundlicher Minister. Wie steht es dann mit Ihren persönlichen Kontakten zu den Gewerkschaften, zu den Sozialisten?

FRIDERICHS: Ich bin von Anbeginn an sehr offen für Kontakte mit den deutschen Gewerkschaften gewesen. Dies um so mehr, als sie sich ja bei uns in vielerlei Hinsicht als äußerst staatstragend und auch als kooperativ im Wirtschaftsprozeß gezeigt haben. Andere Länder beneiden uns wohl um das, was wir „konzertierte Aktion“ nennen, nämlich um einen runden Tisch mit Unternehmern, Gewerkschaftsvertretern, Bankleuten und Sachverständigen, an dem sehr nüchtern diskutiert wird. Manchmal wünschte ich mir, daß insbesondere auch die gewerkschaftliche Seite noch viel offener auf den eigenen Wirtschaftsminister zukäme.

FURCHE: Ist für Sie ein Bunj-deskanzler Schmidt schwierig, der selbst starkes Interesse an der Wirtschaft nimmt?

FRIDERICHS: Nein, der ist nicht schwierig. Im Gegenteil, der bringt Vorteile und zeigt viel Verständnis für die Fragen, die der Wirtschaftsminister im Kabinett zu behandeln hat. Über seine Unterstützung kann ich mich nicht beklagen. Manche glauben, ein solcher Kanzler sei eher verleitet,

dem Ressortminister gelegentlich dreinzureden. Auch hierüber kann ich mich nicht beklagen. Vielleicht liegt das auch daran, daß wir zwei verschiedenen Parteien angehören und daß damit ein gewisser Respekt vor der Zuständigkeit des jeweils anderen gegeben ist.

FURCHE: Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu CDU-Chef Kohl, dem Sie ja nach dem Ende der CDU-FDP-Koalition in Rheinland/Pfalz weiter als Staatssekretär gedient haben?

FRIDERICHS: Ich hatte und habe zu Herrn Kohl — so möchte ich es bezeichnen — ein menschlich ordentliches Verhältnis, und ich halte das gerade auch im politischen Geschäft für wichtig. Immer schon war ich um ein offenes Gesprächsverhältnis zu Politikern der beiden anderen Parteien bemüht. Von Konfrontation halte ich nichts, sondern ich glaube, je schwieriger die Probleme werden, desto eher muß es möglich sein, daß man sich auf der menschlichen Ebene trifft und politische Fragen sachbezogen diskutiert. Dies kennzeichnet auch das gegenwärtige Verhältnis zu Herrn Kohl.

FURCHE: Ist die CDU/CSU für die FDP nach dem „Ja“ der Ministerpräsidenten zum Polenvertrag koalitionsfähiger geworden, oder ist Franz Josef Strauss eine zu harte Nuß?

FRIDERICHS: Die Frage steht zur Zeit nicht zur Diskussion, aber

ein Nein der CDU/CSU Ministerpräsidenten zu den Polenverträgen hätte einen tiefen, für längere Zeit nicht zuschüttbaren Graben zwischen den Parteien

aufgerissen. Mit der CDU ist in dieser Frage das Gesprächsverhältnis jetzt sicherlich erleichtert. Daraus Spekulationen auf eine Koalition zu ziehen, würde ich allerdings für falsch halten.

FURCHE: Sind Sie persönlich dafür, daß die alte sozialliberale Koalition nach der Oktoberwahl aufrechterhalten bleibe?

FRIDERICHS: Die FDP wird sich auf dem Bundesparteitag festlegen, damit die Wähler wis-

sen, woran sie sind. Ich persönlich bin der Meinung, daß wir diese Koalition 1976 fortsetzen sollten.

FURCHE: Welche Erfolgschancen geben Sie dem neuen katholisch-liberalen Arbeitskreis? Ihre Gattin ist ja sehr aktiv am kirchlichen Gemeindeleben beteiligt.

FRIDERICHS: Allerdings muß ich hinzufügen, daß sie es im evangelischen Bereich tut. Aber das spielt hier keine Rolle. Ich hielte es für richtig, daß die katholische Kirche und die Liberalen, nachdem sie lange Zeit glaubten, in einem nicht unbeachtlichen Spannungsverhältnis leben zu müssen, dieses Spannungsverhältnis auflösen, und daß sie abzuklopfen versuchen, was doch an Gemeinsamkeit da ist. Schließlich haben liberale Ideen den Kirchen ihre Unabhängigkeit vom Staat gesichert. So sollten wohl auch Liberale dazu beitragen, die Existenz der Kirchen in einer freiheitlichen Gesellschaft zu ermöglichen.

FURCHE: Sind Sie selbst Protestant?

FRIDERICHS: Nein, ich bin katholisch getauft. Die Kinder sind evangelisch, insofern gibt es eine Dreiviertel-Mehrheit bei Abstimmungen, und ich muß mich ihr beugen.

Mit Bundesminister Friderichs sprach FURCHE-Mitarbeiter Alfred J. Fischer.

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