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Mit Liebe für die Wahrheit begeistern"
Fragen der Geburtenregelung und eines christlichen Leitbilds von Familie sind Thema dieses, im Rahmen eines Familienkongresses geführten Gesprächs (siehe FURCHE Nr. 47).
Fragen der Geburtenregelung und eines christlichen Leitbilds von Familie sind Thema dieses, im Rahmen eines Familienkongresses geführten Gesprächs (siehe FURCHE Nr. 47).
FpRCHE: Auf dieser Tagung wird viel von Familie gesprochen. Haben Sie nicht den Eindruck, daß man mit demselben Wort sehr Unterschiedliches meint?
BISCHOF FRANCISCO COX HUNEEUS: Alle sagen Familie, aber was darunter verstanden wird, hat mit dem, was ich als Katholik mit Familie meine, oft gar nichts zu tun. Hier in Mitteleuropa steht man oft recht kritiklos verschiedenen Entwicklungen, die die Familie betreffen, gegenüber. Gestern hat jemand hier ernst, nicht demagogisch die Frage gestellt, ob es sinnvoll ist, daß Eltern, nachdem die Kinder groß geworden sind, weiter zusammenbleiben. Wer aber solche Fragen stellt, hat aus den Augen verloren, daß es zentrale Werte gibt. Er weiß nicht mehr, wohin die Entwicklung zu steuern ist.
Wenn man nur auf Trends, also auf Statistiken und damit nach rückwärts schaut, ist die Welt verloren. Die Zivilisation ist groß geworden, weil sie große Ziele vor Augen hatte.
FURCHE:Haben Sie große Ziele, ein Leitbild von der Familie vor Augen?
COX: Ich habe selbstverständlich ein Leitbild von Familie. Ich möchte niemandem dasselbe Leitbild aufzwingen, denn zwingen kann man niemanden. Aber überzeugen möchte ich natürlich, möchte zeigen, daß dieses Leitbild der Wahrheit entspricht, dem Guten, dem Besten.
Ob die Menschen glücklich sind oder nicht, ob sie sinnvoll leben, hängt von Werten ab. In der Familie werden diese Grundwerte gelebt oder abgelehnt. Die Liebe ist der Grundwert im menschlichen Leben. Ich meine damit die Erfahrung, daß Menschen nicht geschaffen sind, allein, sondern miteinander zu leben. Weil der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist, steckt in ihm die wunderbare Kraft, auch lieben zu können. Das unterscheidet ihn von allen anderen Lebewesen.
Eben diese Liebe ist heute gefährdet, banal gemacht, wird mit Sexualität verwechselt. Wenn wir sie aber von der Warte der Gottesliebe her betrachten, so erkennen wir, daß sie eine treue, schöne, le-bensweckende, zur Freude hinsteuernde Zuwendung ist. Mit der Liebe steht die Menschlichkeit des Menschen mit am Spiel.
FURCHE: Und was bedeutet das nun für die Familie?
COX: Das Leitbild der Familie hat als wesentliches Merkmal diese Liebesbezogenheit. Daraus entstehen andere Werte, die zur Familie gehören: So siegt z. B. die Liebe über die Zeit. Daher ist die Familie eine Institution, die dauerhaft ist, in der dauernde Beziehungen gepflegt werden sollten.
Ein Kind haben, ist für den Menschen nicht irgendein Zwischenfall, den man nachher vergißt. Der Sohn, die Tochter bleiben für den Vater auch noch mit 50 Jahren Sohn und Tochter. Das sind personale Bindungen, die dauerhaft sind, ebenso wie die partnerschaftliche Hingabe von Mann und Frau.
In solchen Beziehungen ist mehr als nur Funktionelles. Darin, daß man sich einem anderen schenkt, gänzlich schenkt, liegt eine Sinnerfüllung des Lebens.
Weil es um das Menschsein geht, ist unsere christliche Auffassung von Familie inhaltsgeladen. Sie ist aber vor allem schön, wenn auch schwierig zu verwirklichen.
FURCHE: Das bringt mich zu der Frage nach dem Stellenwert der Sexualität. Viele Leute haben den Eindruck, die ausschließliche Befürwortung von natürlichen Methoden der Empfängnisregelung bringe eine zusätzliche, unnötige Erschwerung für die Familie.
COX: Ich glaube, daß ein guter Zugang zur Lösung dieser Problematik in den päpstlichen Äußerungen, sowohl Pauls VI. als auch Johannes Pauls II. liegt: Sie bitten Philosophen, Theologen, andere Wissenschafter, Priester und Laien, sie mögen mit ihrem Wissen, ihren Erfahrungen helfen, diesen Punkt der Weitergabe des Lebens besser zu verstehen.
Es kann kaum etwas Wichtigeres geben als die Weitergabe des Lebens. Alle Eltern wissen, wie tiefgreifend die Zeugung eines Kindes das Leben betrifft. Ich bin überzeugt, daß die Kirche mit dieser Lehre einen ganz wesentlichen Beitrag für die Menschheit leistet. Denn heute geht man ganz allgemein mit dem Leben respektlos um: Torturen, Massenmorde, Kriege, Forschungen mit dem menschlichen Fötus, genetische Manipulationen...
Da erhebt sich die Stimme des Papstes und sagt Achtung: Hier geht es um einen wesentlichen Bereich. Der Mensch kann nicht folgenlos daran rühren. Diese Aussagen sind eine ganz tiefe Intuition.
FURCHE: Aufgrund dieser tiefen allgemeinen Einsicht kommt es aber zu sehr konkreten Anweisungen.
COX: Paul VI. versucht in Hu-manae Vitae mit dem Naturrechtsbegriff und Johannes Paul II. in Familiaris Consortio mit dem Begriff Person diese Intuition zu begründen und zu erklären. Sie geben eine konkrete, moralische Norm, und ich glaube, das ist auch richtig so.
Man muß aber gut aufpassen, daß sich die Dinge nicht in die falsche Richtung entwickeln. Vor allem muß man sich bemühen, den Menschen zu helfen, diese Aussagen von Herzen zu verstehen und aufzunehmen. Man muß auch die Situation des einzelnen Paares jeweils berücksichtigen. Das rüttelt aber nicht am allgemeinen Prinzip, das richtig ist. Nur muß man im konkreten Fall die konkrete Situation sehen und nicht so ohne weiteres meinen, das Ehepaar hätte eine subjektive Sünde begangen, wenn es nicht nach der Regel gehandelt hat.
Wenn also die Kirche sagt, die einzigen erlaubten Mittel für Familienplanung sei die natürliche Empfängnisregelung, so ist das richtig. Wir müssen aber noch viel über diese Dinge sprechen, die Doktrin der Kirche erläutern, damit die Christen sie nicht als Barriere, sondern als eine erlösende, wegweisende Norm ansehen.
FURCHE: Und wie sehen Sie Probleme der Uberbevölkerung in Ländern der Dritten Welt?
COX: Ich habe kürzlich mit einem Direktor der FAO gesprochen. Er meinte, daß die Welt beim heutigen Stand der Technik um drei Milliarden mehr Menschen ernähren könnte. Die Mittel wandern aber in die Rüstungsindustrie. Wir könnten das Problem des Hungers lösen, wenn wir wollten. Wenn wir aber Voraussetzungen, wie die Rüstung, schaffen, an denen wir nicht rütteln, ergeben sich in anderen Bereichen Probleme, die unlösbar sind. In den Ländern der Dritten Welt sind die Geburtenraten immer noch hoch, bewegen sich allerdings abwärts. In diesem Zusammenhang ist die Erfahrung von Mutter Teresa in Kalkutta erwähnenswert: Sie arbeitet mit ihrer Kongregation in Richtung natürliche Geburtenregelung unter schlimmsten Verhältnissen. In einem Stadtteil, wo viele Moslems leben, hat sie ein erfolgreiches Programm, an dem sich 10.000 Familien beteiligen.
Mit Bischof Cox Huneeus sprach Christof Gaspari.
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