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Der Bregenzer Bürgermeister Diplomingenieur Fritz Mayer hat knapp vor den Gemeindewahlen vom 13. April an die Bürger der Landeshauptstadt einen zweifellos interessanten Bericht über den Stand der Erbauung eines neuen Bregenzer Festspiel- und Kongreßhauses hinausgegeben. Gleichzeitig hat der Feldkircher - Bürgermeister Dr. Heinz Bilz einen ganz ähnlichen Bericht zum Neubau der Stadthalle hinausgegeben. Natürlich haben beide Berichte auch den Nebenzweck, die Leistungen der betreffenden politischen Partei, für Bregenz also der SPÖ, für Feldkirch der ÖVP, herauszustreichen, obwohl alle Beschlüsse einhellig gefaßt wurden.

Das Bregenzer Projekt ist bedeutend älter. Erstmals hat im März 1955 die Bregenzer Festspielgemeinde, die formelle Rechtsträgerin der Bregenzer Festspiele, der damals noch unter ÖVP-Mehrheit stehenden Bregenzer Stadtvertretung mitgeteilt, sie beabsichtige, ein Festspielhaus zu errichten und erwarte dazu entsprechende öffentliche Förderungsmittel, vor allem den Baugrund und die Übernahme der Kredithaftung. Die Bregenzer Festspiele, 1945 von dem sehr begabten, aber manchmal verworrenen Obmann der Widerstandsbewegung, Salzmann, gegründet (erste Festspiele 1946), hatten sich aus sehr kleinen Improvisationsanfängen bis 1955 so stark entwickelt, daß wegen des ständigen Wetterrisikos das „Spiel auf dem See“, mit Zuschauertribünen unter freiem Himmel, immer bezüglich des Einspielergebnisses problematisch sein mußte. Daran hat sich bis heute nichts geändert, denn das Theater am Kornmarkt, in vieler Hinsicht verbaut und sehr provinziell, faßt nur 780 Besucher, die Seetribüne aber noch heute 6000 Personen (eine Zeitlang noch erheblich mehr), und es kommt immer wieder vor»“-daß- alle diese .;Pläz«b> ausverkauft sind. Lange Zeit hat man die ehemalige Sporthalle, euphemistisch auch Stadthalle genannt, unmittelbar neben der Seetribüne gelegen, die an die 1200 Personen aufnehmen kann, als Ausweichraum benützt und allen Beteuerungen zum Trotz, man werde diese gräßliche, verrottete Holzhalle nie mehr für Festspielveranstaltungen heranziehen, hat man das dennoch immer wieder getan, auch 1974.

Es liegt auf der Hand, daß ein würdiges Festspielhaus die großen Wetterrisken beseitigen kann, auch wenn es niemals gleich mehrere tausend Gäste aufzunehmen vermag.

Nachdem Bund, Land und Gemeinde Subventionszusagen gegeben hatten — die Stadt Bregenz als lgtzte und mit dem geringsten Beitrag —, konnte im Jahr 1974 die Planung für ein Mehrzweckhaus, also ein Festspiel- und Kongreßhaus, vergeben werden. Den Auftrag erhielt aus lokalpatriotischen Gründen der in Bregenz seit geraumer Zeit ansässige Fachmann für Theaterbauten, Baurat Dipl.-Architekt Braun, bei dem der Bau in guten Händen sein dürfte, obwohl seine Mitwirkung beim Neubau der Stadthalle von Feldkirch sehr geteilte Beurteilung fand. Auch ein Großteil der übrigen Arbeiten (Bühnentechnik, Akustik) wurde schon vergeben. Mit den ersten Erdaushubarbeiten wurde 1975 begonnen.

Für die Festspiele selbst wird ein Saal mit Fassungsraum für 1200 Personen zur Verfügung stehen, wozu Logenplätze für. 80 Personen und eine Galerie für 600 Personen kommen. Der Saal, an sich eher als Ausweichraum bei Regen gedacht, wird mit der im Freien befindlichen Seetribüne, die nur noch 4000 Plätze haben wird, organisch verbunden.

Was wohl das Wichtigste ist, ist aber die Tatsache, daß dieses Festspielhaus auch als Kongreßhaus dienen kann, ebenso auch als Konzerthaus, wobei immer, mit auswechselbar ansteigendem Boden, 1200 Personen untergebracht werden können, dazu aber in Nebenräumen, die für ein Kongreßhaus besonders wichtig sind, verschiedene kleinere Tagungen (für 250, 300 und 600 Personen sowie für kleine Gremien von

30 Personen) stattfinden können. Im Falle von Volksfesten, die man in Vorarlberg ja sehr liebt, können insgesamt, bei Tischaufstellung, in all diesen Räumen 2000 Personen untergebracht werden.

Was das alles kosten wird, weiß man noch nicht, vermutlich an die 70 Millionen, ohne das Hotel mit Großrestaurant, das damit verbunden werden soll und an dem der „Wienerwald“-Hotelier Jahn ernsthaft interessiert sein soll.

In Feldkirch ist die baulich total daneben gegangene, im Jahre 1927 erbaute Stadthalle (Fassungsraum 1200 Personen) vor drei Jahren durch einen Kugelblitz mit Spätzündung — er hatte sich als Kugel in einem der schindelgedeckten Türme niedergelassen, um dann erst zu zünden — abgebrannt. Man glaubte, die Halle ohne große Kosten bald wieder neu errichten zu können, kam aber bald darauf, daß das nicht sinnvoll wäre, und da Feldkirch über keinen wirklichen Theatersaal verfügt — der Festsaal der Arbeiterkammer ist akustisch und auch sonst wenig geeignet und hat nur für 500 Personen Platz, während der viel größere Festsaal des Jesuitenkollegs „Stella Matutina“ der Öffentlichkeit meist nicht zur Verfügung

steht —, kam man zum Ergebnis, daß der Neubau das wirklich großzügige Projekt eines Theater- und Konzertsaales und zugleich eines Kongreßhauses mit Restaurant ermögliche. Das wurde begonnen, und noch in diesem Jahr soll die neue Stadthalle mit Drehbühne und einem Theater- und Veranstaltungssaal für 1200 Personen, mit Nebenräumen» kleinen Sälen, Kongreßräumlichkeiten und einem Restaurant der Bestimmung übergeben werden (Kosten angeblich 35 Millionen S).

Wichtig ist hiebei, daß anschließend der weitläufige Leonhardsplatz durch eine Innsbrucker Bauplanungsgesellschaft, die über hervorragende Erfahrungen und Verbindungen verfügt, in einer zum historischen Stadtbild passenden Weise verbaut werden soll, wobei dort vor allem ein Hotel der Luxusklasse von einer international bekannten Hotelkette erbaut und mit einbezogen werden soll, nebst einem Selbstbedienungsrestaurant, Büros, Wohnungen und Geschäften. Der Hotelbau war eine Bedingung der Stadt Feldkirch für die Erteilung der mittlerweile bereits vorliegenden Baugenehmigung. In Vorarlberg gibt es nämlich, vom Arlberg abgesehen, wo das nur für den Winter Bedeutung

hat, trotz dringenden Bedarfs kein Hotel jener Luxusklasse, wie sie in den USA oder in Frankreich, Deutschland oder auch in Wien und Salzburg vorhanden sind. Ein solches Hotel wird aber angesichts der internationalen Verflechtungen Vorarlbergs dringend gewünscht. Heute schicken manche Vorarlberger Fabrikanten, ihre VIP-Gesehäf tsf reunde nach St. Gallen ins „Walhalla“ oder gar bis Zürich zum Übernachten, weil es in Vorarlberg nichts Ähnliches gibt.

Ursprünglich sollte in Feldkirch auch das zweite Spielcasino der österreichischen Spielbanken-AG eröffnet werden. Bis noch vor relativ

kurzer Zeit machten die dafür Verantwortlichen den Feldkircher Gemeindepolitikern vor, Feldkirch läge gut im Rennen, während in Wirklichkeit auf Grund von eindeutigen Rentabilitätsberechnungen schon seit fast zwei Jahren den Auguren bekannt war, daß die Entscheidung zugunsten von Bregenz ausfallen könne. Da sich von katholischer Seite große Widerstände gegen eine Spielbank geltend gemacht hatten, ist man in Feldkirch da und dort eher erleichtert, daß im neuen Stadthallen- und Kongreßkomplex keine Spielbank sein wird.

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