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Mit Rotstift an Beihilfen?
Von Steuerreform ist die Rede, von Steuersenkung ebenso wie von der Erschließung neuer Steuerquellen. Und was wird unterm Strich stehen? Insgesamt wird sich die Steuerbelastung nicht verringern, heute nicht und nicht im nächsten Jahrzehnt. Denn um überhaupt bis 1990 einigermaßen mit dem Budget über die Runden zu kommen, kann der Finanzminister auf keinen einzigen Steuerschilling verzichten.
Von Steuerreform ist die Rede, von Steuersenkung ebenso wie von der Erschließung neuer Steuerquellen. Und was wird unterm Strich stehen? Insgesamt wird sich die Steuerbelastung nicht verringern, heute nicht und nicht im nächsten Jahrzehnt. Denn um überhaupt bis 1990 einigermaßen mit dem Budget über die Runden zu kommen, kann der Finanzminister auf keinen einzigen Steuerschilling verzichten.
FURCHE: Die laufende Steuerdiskussion läßt den Steuerzahler furchten, daß ihm die linke öffentliche Hand gleich das wieder nimmt, was ihm die rechte gibt. Die Belastung durch Steuern und steuerähnliche liegt derzeit bei 41,8 Prozent. Wird sich diese Belastungsquote unterm Strich verringern, vergrößern?
FINANZMINISTER SALCHER: Sie wird in etwa gleichbleiben, wenngleich bei den direkten Steuern eine Verringerung eintreten wird.
FURCHE: Halten Sie die gegenwärtige Belastungsquote bereits als eine Obergrenze?
SALCHER: Eine Obergrenze läßt sich sehr schwer festlegen, weil ja die Belastungsquote mit den zu erfüllenden Staatsaufgaben korrespondiert. Wenn also an den Staat höhere Anforderungen gestellt werden, dann müßte diese Quote erhöht werden. Ich glaube aber, daß derzeit eine höhere Belastung psychologisch unklug wäre. Uber Zehntelprozente auf oder ab könnte man reden, abey keinesfalls über signifikante Veränderungen.
FURCHE: Womit sich Ihre Budgetsorgen nur von der Ausgabenseite her lösen lassen.
SALCHER: Von der Ausgabenseite her müßte man sicherlich einiges tun. Dabei gibt es zwei Problemkreise. Erstens muß man sehr darauf achten, daß keine neuen Anforderungen an das Budget gestellt werden. Ich möchte hier die Abfangjäger erwähnen, die derzeit nicht finanzierbar sind. Ich kann mir ebenso nicht vorstellen, daß eine Witwerpension anders als aufkommensneutral eingeführt wird.
Zweitens stellt sich die Frage, was
man von den derzeitigen Ausgaben einsparen kann. Zum Beispiel: Für das Tuberkulosegesetz findet sich im Budget ein Ansatz von 60 Millionen Schilling. Als dieses Gesetz eingeführt wurde, war Tuberkulose die Volksseuche Nummer eins, heute nicht mehr. In solchen Bereichen muß man also den Mut haben, zu sagen: Hier kann man sparen.
Und außerdem bin ich schon der Meinung, daß man in gewissen Subventionsbereichen Abstriche machen kann. Hier läßt sich zwar von vornherein keine Größenordnung festlegen, aber es kann ja auch in kleinen Portionen gespart werden.
FURCHE: Klubobmann Heinz Fischer hat in den „Roten Markierungen ’80" eine Diskussion angeregt, die
ebenso Einsparungen brächte, nämlich: staatliche Leistungen, Beihilfen und Zuschüsse an Einkommensgrenzen zu binden.
SALCHER: Das ist ja keine Erfindung Fischers, sondern wir haben auch in unserem Parteiprogramm Aussagen, die dem Subsidiaritätsprinzip sehr ähnlich sind. Qa wird man sich, wenn die Staatsausgaben zu stark wachsen, schon einiges überlegen müssen. In einer solchen Situation sind wir. Hier jetzt Beispiele zu nennen, wäre verfrüht und politisch unklug. Aber auch hier muß man Dinge in Frage stellen.
FURCHE: Würde dann aber nicht die Kuh der Besserverdiener demnächst doppelt gemolken? Erst durch eine höhere Direktbesteuerung, dann durch
den Anspruchsverlust auf Leistungen und Beihilfen?
SALCHER: Bei oberflächlicher Beurteilung schon. Wenn man aber die Problematik ernst und genau beurteilt, muß man sagen: Wenn man nicht solche Maßnahmen setzt, wird, um alles bezahlen zu können, die Steuer zu erhöhen sein. Ein sozial ausgewogenes System von Förderungsmaßnahmen entlastet ja den, der mehr verdient, über die Steuer. Die Umschichtung ist eben der solidarische Ausgleich in der Einkommensverteilung für bestimmte Bereiche.
FURCHE: Ist die Steuerpolitik wirklich das geeignete Instrument für mehr Einkommensgerechtigkeit? Auch das SPÖ-Programm 1978 nennt doch an erster Stelle eine solidarische Lohnpolitik.
SALCHER: Die Steuerpolitik sehe ich nicht als primäres Mittel zur Umverteilung und Umschichtung, sondern ich sehe als Finanzminister eine Aufwandsgröße aller staatlichen Aufgaben, die abgedeckt werden muß. Und bei der Deckung dieser finanziellen Erfordernisse ist eben eine soziale Staffe
lung der Belastung, bei den direkten Steuern durch die progressive Steuerleistung, anzustreben.
FURCHE: Sind Sie jetzt von der Überlegung, die Sozialversicherungsbeiträge in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen, für alle Zukunft abgekommen?
SALCHER: Das wurde nicht von mir zur Diskussion gestellt, sondern ich habe auf Befragen dazu meine Meinung gesagt. Da hat die Diskussion eine sehr starke Schlagseite bekommen, mit der Abstempelung: Salcher, der Steuererfinder.
FURCHE: Das hat Sie vorsichtig gemacht.
SALCHER: Ich werde auch nach dieser Diskussion Dinge aufzeigen, die meiner Meinung nach ungerecht sind, die, wenn man sie beseitigte, einen sehr viel gerechteren Ausdruck in der Steuerkurve finden könnten. Daß aber die Verhandlungen in solchen Fragen sehr schwer sind, daß wir hier vor dem 1. Jänner 1982 bei einer echten Steuer- reform auf keinen grünen Zweig kommen, war mir von vornherein klar.
Es gibt eben immer ein Spannungsverhältnis zwischen Steuergerechtigkeit und Einfachheit des Steuersystems. Je einfacher das Steuersystem, desto weniger Platz für auch noch so gerechtfertigte Ausnahmen gibt es. Bei derart vielen Ausnahmen wie derzeit wird.das Steuersystem schon deshalb wieder ungerecht, weil sich die Leute nicht mehr auskennen und nur wenige die Vorteile nützen können.
FURCHE: Aber das Grundziel der Steuerreform ist das einfache Steuersystem. Also fallen Ausnahmen.
SALCHER: Das ist das Ziel. Ich hoffe, daß ich das überzeugend genug vertreten kann.
FURCHE: Heule sind die Notopfer zur Budgetsanierung Opfer ohne Ende. Wäre es nicht fairer, neue Belastung zu befristen?
SALCHER: Die derzeitige Situation ist für einen solchen Gedanken sicher nicht geeignet. Wenn ich den überschaubaren Zeitraum der nächsten zehn Jahre betrachte, wäre eine solche Befristung nicht sinnvoll, weil wir, um mit dem Budget einigermaßen über die Runden zu kommen, das Geld dringend brauchen.
Das Gespräch mit Finanzminister Herbert Saldier führte Hannes Schopf.
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