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Mitbestimmung in der Kirche

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Seitdem Bundesgesetz vom 10. März 1967 (BGBl. Nr. 133), betreffend die Personalvertretung bei den Dienststellen des Bundes (die seither vom Nationalrat beschlossenen Novellen dieses Gesetzes haben am hier zu kennzeichnenden Zustand nichts geändert), wählen die Bundeslehrer an den kirchlichen Pädagogischen Akademien (sogenannte Subventionslehrer) in Eisenstadt, Krems, Linz, Graz, Zams und Wien zwar die Kandidaten für den Zentralausschuß der Bundeslehrer an Allgemeinbildenden Höheren Schulen und Anstalten der Lehrerbildung bzw. Erzieherbildung. In der Folge vertritt dieser sie denn auch in allen Belangen, die der Personalvertretung aufgetragen sind. Alles in schönster Ordnung?

Da die kirchlichen Pädagogischen Akademien keine Bundesdienststellen sind, können auch keine Dienststellenausschüsse gebildet werden. Die Entsendung von Vertrauenslehrern in einen betrieblichen Ausschuß mittels Stimmzettel ist also nicht möglich. Das schafft zumindest Unbehagen, bisweilen Ratlosigkeit. Denn die eigentlichen Probleme der Vertretung des Personals gegenüber dem Dienstgeber treten ja nicht so sehr im fernen Wien auf, sondern im schulischen Alltag.

Deshalb wurde z. B. in Graz an der kirchlichen Akademie schon 1968 ein Dienststellenausschuß konstituiert, „als ob" er vorgesehen wäre. Die an der Pädagogischen Akademie der Diözese Graz-Seckau tätigen Lehrer wählten ihre Betriebsvertretung und entfalteten deren Funktionen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz, als ob dieses auch für sie Geltung besäße. Dies schien um so folgerichtiger, als die Organisationsdichte bei Pflichtschullehrern, die aus dem öffentlichen Landesdienst an die kirchliche Pädagogische Akademie überwechselten, hinsichtlich Mitgliedschaft bei politischen, gewerkschaftlichen und in der Steiermark auch bei religiösen Lehrerverbänden am größten ist.

Diese Art der Dienstnehmervertre-tung gelang bisher in allen Angelegenheiten, die nötigenfalls auch dem Zentralausschuß hätten vorgelegt werden können oder vorgelegt wurden, also in allen jenen Fällen, wo der Bund für eine Erledigung oder Lösung zuständig war. Auch das betriebliche Gemeinschaftsleben, z. B. in Form der Betreuung der Pensionisten, von Krankenbesuchen, bei der Gestaltung von Betriebsaktivitäten wie Dienstjubiläen, Gratulationen usw. konnte solcherart zur Zufriedenheit aller entfaltet werden.

Bei kluger, geduldiger und persönlich sanfter Vorgangsweise konnten der Direktor und seine leitenden Mitarbeiter für spezifische Dienstnehmerinteres-sen motiviert werden. Wesentliche Einzelheiten, z. B. bei Personalentscheidungen, wurden - bei allem Wohlwollen - letztlich doch der breiten Mitbestimmung entzogen.

Der Schulerhalter hat vor seinen Entscheidungen die solcherart doch nicht legitim „organisierten" Dienstnehmer praktisch nie gefragt, von Mitbestimmung oder auch nur Mitberatung gar nicht zu reden. Andere kirchliche Akademien haben (in zwei Fällen mit Erfolg) das zuständige Einigungsamt im Bereich des Bundesministeriums für soziale Verwaltung angerufen, um nach dem Arbeitsverfassungsgesetz 1973 einen Betriebsrat wählen bzw. bilden zu können. Durchsetzen konnten sich die Dienstnehmer jedoch kaum mehr als in Graz.

Aber allein schon diese Prozedur hat den Lehrern dieser kirchlichen Lehranstalten den Eindruck vermittelt, betriebliche Mitbestimmung sei vom Dienstgeber bzw. Schulerhalter keinesfalls erwünscht. Diese allgemeine Meinung wurde und wird durch folgende Umstände noch bestärkt: An der Grazer kirchlichen Akademie gibt es ja nicht nur die betriebliche Interessens-gruppe der Lehrer. Ihr angegliedert sind Betriebseinrichtungen wie eine Großküche, ein Schüler- und Studentenheim, eine Druckerei, gewartet von Küchenpersonal, Aufräumerinnen, Kanzleikräften, Hauswarten und Erzieherinnen.

Sie alle wollen im Grunde ihr Arbeits- und Dienstverhältnis selbst mitbestimmen, wie das ihre Kolleginnen und Kollegen in nicht kirchlichen Betrieben schließlich auch können. Aber immer dann, wenn einzelne Arbeitnehmer den Wunsch nach Einrichtung einer effektiven Betriebsvertretung besprechen und konkretisieren wollen, taucht das bisher immer wirksame inoffizielle Argument auf, die Kirche wünsche das nicht. Wenn nicht einmal die Professoren wirklich etwas Entscheidendes erreichten, wie sollte das den vergleichsweise „Kleineren" gelingen?

An der Religionspädagogischen Akademie im selben Gebäude gibt es bestenfalls informelle Gespräche in Richtung auf die Bildung einer eigenen Personalvertretung oder eines Betriebsrates. Die Angst, mit einem solchen Vorhaben das Mißfallen der kirchlichen Stellen zu erregen, ist noch groß. Muß das so sein? Wäre es da nicht möglich, daß der kirchliche Dienstgeber eine grundsätzliche ermunternde Aussage machte, die den Arbeitnehmern auch innerhalb der kirchlichen Betriebe die Scheu oder das Vorurteil nimmt, Mitbestimmungsmodelle zu entwik-keln?

Wie wäre es, wenn die Bischofskonferenz die Katholische Sozialakademie Österreichs beauftragte, alle rechtlichen Möglichkeiten und Schritte aufzuzeigen, die zur Mitbestimmung in allen kirchlichen Betrieben, Lehranstalten, Verwaltungen in geordneter Weise führen könnten (falls die Beteiligten diese wirklich wünschen)?

Der Autor ist seit vielen Jahren Professor und Personalvertreter an der Pädagogischen Akademie der Diözese Graz-Seckau.

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