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Miteinander kritisch reden

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Weihbischof Dr. Alois Wagner (Linz) wurde von der österreichischen Bischofskonferenz mit der Zuständigkeit für die Fragen des Pressewesens betraut. In einem Interview mit „multimedia“, dem Organ des Katholischen Zentrums für Massenkommunikation, legt er sein Konzept vor. Er betont dabei u. a.:

Gibt es wirklich zu viele kirchliche Presseorgane in Österreich? Weihbischof Alois' Wagner betrachtet die kirchliche Presselandschaft mit realistischem Optimismus: „Meine persönliche Überzeugung ist, man soll um jede einzelne Publikation froh sein.“

Selbstverständlich müsse es zwischen gleichgearteten Publikationen mehr Kooperation geben, „sonst haben wir für gleiche Gruppen zwei bis vier Presseorgane, die sich konkurrenzieren. Ich weiß nicht, ob wir uns das leisten können“.

Vor allem aber ist der neue „Pressebischof' überzeugt, daß es wieder mehr „Engagement an der Basis“ braucht. Darüber hinaus richtet sich sein Appell an die kirchliche Führungsschicht, nicht nur an den Klerus - an die Funktionäre der Katholischen Aktion, der katholischen sehen Verbände, der neuen apostolischen Gruppen, vor allem an die Pfarrgemeinderäte: „Das sind Zehntausende Menschen in ganz Österreich. Ihnen muß klar werden, daß sie mit der katholischen Presse zu arbeiten haben.“ Wagner versteht darunter, daß sie die katholische Presse nicht nur lesen und für ihre Verbreitung sorgen, sondern sie auch zitieren, wo immer es geht, und durch eigene Beiträge mit den katholischen Zeitungen und Zeitschriften in einen lebendigen Dialog treten.

Wenn ich irgendwo im kirchlichen Raum einen Redner höre, schau' ich immer, was er bei sich trägt und woraus er zitiert, ob das wirklich .FURCHE', .präsent', .Kirchenzeitung' ist. Natürlich muß man die .neutrale' Presse lesen, aber warum kann man nicht aus einem Artikel von .präsent', .FURCHE' oder .Kirchenzeitung' zitieren und so den Leuten im Publikum bewußt machen, daß die öffentliche Diskussion der Katholiken in diesen Blättern stattfindet?“

„Man müßte sich fragen, ob es nicht in den Diözesen und den katholischen Organisationen Geld

gibt, das man sonst für alles mögliche ausgibt, das aber sehr gut auch für Freiexemplare katholischer Zeitungen zur Verfügung gestellt werden könnte, die überall dort aufliegen, wo Leute zusammenkommen, etwa in Jugendzentren.“ Auch diese Bewußtseinsweckung für die katholischen Presseorgane gehört nach Wagners Auffassung zu einem kirchlichen Pressekonzept. Daß jedes Pressekonzept mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln steht und fällt, ist dem neuen „Pressebischof' nur allzu klar. „Es Wird um so mehr Geld für die Pressearbeit von der Bischofskonferenz und den Diözesen zur Verfügung gestellt werden können, je mehr

sich die laienapostolischen Bewegungen und die Pfarrgemeinderäte dafür einsetzen. Das muß eine neue Bewegung von unten her, von der Basis sein.“

„Engagement der Basis“ und „Dialog“, das sind die beiden „Schlüsselwörter“, mit denen Weihbischof Wagner sein zusätzliches Tätigkeitsfeld als „Pressebi-schof bewältigen will. Illusionen gibt er sich keinen hin. Seine Aufgabe sieht er vor allem als „Brük-kenbauer“, der einerseits den Journalisten und Verlegern die Anregungen der Bischofskonferenz vermittelt, anderseits die Anliegen der im katholischen Pressewesen Tätigen im Kreis seiner bischöflichen Kollegen vertritt.

Wagner liegt vor allem eines am Herzen. Die Schaffung eines guten menschlichen Verständnisses, eines „offenen, von Vorurteilen und Nachträgereien freien Klimas der Zusammenarbeit“ zwischen Bischöfen und katholischen Journalisten, vor allem auch solchen, die in kirchlichen oder kirchennahen Medien arbeiten. „Natürlich“, meint Bischof Wagner, „sollte auch ein kirchlicher Journalist akzeptieren können, daß nicht alles, was er schreibt, die Zustimmung des Bischofs findet. Es darf deswegen kein Bruch entstehen. Wir brauchen eine gegenseitige kritische Haltung von Bischöfen und katholischen Journalisten, die in einen offenen Dialog mündet,' der für beide Seiten nutzbringend ist, beide Seiten fördert.“

Neben diesem ständigen Dialog zwischen kirchlicher Leitung und katholischen Journalisten hat sich der neue „Presse-bischof vor allem vier Ziele gesetzt:

• Die Förderung der Katholischen Medienakademie, auch mit dem Ziel jungen Journalisten mit katholischer Uberzeugung den Weg in „neutrale“ Presseorgane zu ebnen: „Nicht deshalb, damit ,die Kirche' dann dort eine ,Position' hat, sondern weü ich glaube, daß solche gut ausgebildeten Journalisten auch ins innerredaktionelle Gespräch einer .neutralen' Zeitung einen wichtigen Beitrag einbringen können -als Katholiken und ohne die mindeste .Fernsteuerung' durch kirchliche Funktionäre.“

• Daraus ergibt sich logisch die Förderung von „Arbeitsgemeinr Schäften katholischer Journalisten“. Wagner: „Christen, die in einem bestimmten Bereich arbeiten, brauchen einfach ein gewisses laufendes Konzept, sonst verliert man sich in Einzelaktionen.“

• Die Förderung der katholischen Nachrichtenagentur „kathpress“, auch in ihrer zweiten Funktion als Pressestelle der österreichischen Bischofskonferenz - aber ebenso die Unterstützung der diözesanen Pressestellen, deren Arbeit der „Pressebischof' sehr positiv bewertet: „Ich glaube, daß durch die Pressestellen in Sachen fehlender Kontakt zwischen Kirche und Zeitungen viel aufgeholt worden ist.“

• Die Schaffung einer Plattform, wo ausgehend von gesamtkirchlichen Dokumenten zur Medienarbeit wie „Communio et Progressio“ und den entsprechenden Leitlinien der „Österreich-Synode“ gemeinsam Grundsätze für den katholischen Journalisten erarbeitet werden: „Da gibt es schließlich eine Menge berufsethischer Probleme, angefangen von der Frage nach dem Geist der Wahrheit in einem Bereich, wo allzu oft Manipulation und ideologische Interessen im Mittelpunkt stehen, aber auch die absolute Sorge um die Intimsphäre von Personen und Organisationen und das Problem der .Kirchlichkeit'.“

Fast zwangsläufig kehrt das Gespräch zum Engagement der Basis zurück. Der „Pres-sebischof ist sich bewußt, daß nicht nur „die Kirche“ im allgemeinen, sondern auch die Diözesen und die „Kirche am Ort“, sprich Pfarre, Viel zu wenig den Kontakt zur Presse und zu den Journalisten suchen. „Eigentlich“, findet Weihbischof Wagner, dürfte es in einer Pfarrgemeinde ab 2000 Einwohnern keinen Pfarrgemeinderat ohne Ausschuß für Öffentlichkeitsarbeit geben.“ Denn der Dialog zwischen Kirche und Medien müsse endlich auch an der kirchlichen Basis Wurzeln schlagen.

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