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Digital In Arbeit

Moddl, „Jeue Mittektufe“

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Der angekündigte Kompromiß um die Schulfrage hat bisher wenig Begeisterung erweckt - es ist also nicht nur legal, sondern verdienstvoll, wenn sich Fachleute weiterhin den Kopf zerbrechen, wie die Schule von morgen aussehen soll.

In diesem Sinn hat nun der gemeinsame Arbeitskreis „Schulre-

form" des Katholischen Akademikerverbandes Wien und der Wiener Katholischen Akademie detailliert vorgelegt, was er vor zwei Jahren im Grundsatz angedeutet hatte und was damals auch in den eigenen Reihen auf wenig Verständnis gestoßen ist.

Die Pressekonferenz, auf der das Modell „Neue Mittelstufe" in Buchform vorgestellt wurde, ließ offen, wie weit sich heute die beiden Trägerinstitutionen mit der

Arbeit identifizieren. Aber auch wenn dies der Fall sein sollte, bedeutet es naturgemäß nicht, daß es nur eine einzige „katholische" Antwort in Organisationsfragen gibt.

Auch zu diesem Modell bleibt noch viel zu sagen.

Zunächst Positives: Die im Gesamtschulmodell der SPÖ vorgesehenen Leistungsgruppen werden hier durch eine flexible Differenzierung ersetzt, um die erzieherische Wirkung des Klassenverbandes zu erhalten.

Die starke Betonung der Tutorenfunktion leistungsstärkerer, Schüler, die ihren schwächeren Kameraden helfen sollen, brächte einen sehr positiven Akzent in die Schule.

Aber: Ob es sich in der Praxis verwirklichen läßt, ein so breites Differenzierungsangebot zu stellen, daß wirklich das ganze Bildungsspektrum vom humanistischen bis zu einem mehr praktisch ausgerichteten „Schultyp" abgedeckt wäre, ohne daß dadurch Mammutschulen entstünden, muß bezweifelt werden.

Vor allem aber — und das bleibt der Haupteinwand—geht das Modell „Neue Mittelstufe" von derselben Prämisse aus wie die Integrierte Gesamtschule der Sozialisten: von der Feststellung, „eine Einteilung der Schüler schon um das 10. Lebensjahr in verhältnismäßig streng von einander getrennte Schultypen wäre nur dann gerechtfertigt, wenn… die Begabung des Schülers schon um sein 10. Lebensjahr hinlänglich richtig bestimmt werden könnte…" Diese Möglichkeit ist jedoch nach Meinung der Autorer nicht gegeben.

Die Autoren betonen, die Diskussion entideologisieren zu wollen - hier aber liegt die ideologische Grundidee der Sozialisten im Interesse der Gleichheit dit „Eliteschule" Gymnasium zu zerschlagen.

Der Hauptverantwortliche dieser Arbeit, Professor Richarc Olechowski, hat selbst vor zwe: Jahren, um sein Eintreten für di« gemeinsame Mittelstufe allei Zehn bis Vierzehnjährigen zu begründen, in der „actio catholica’ betont man könne „nur" bei etwE 20 Prozent der Zehnjährigen eindeutig sagen, daß sie gymnasialfähig seien, und bei etwa ebensc vielen, daß sie es sicher nicht seien.

Der Begriff „Elitenbildung" in: Sinn einer frühzeitigen Ausrüstung hochbegabter junger Menschen, später vermehrte Leistung für die Gesellschaft erbringer und erhöhte Verantwortung übernehmen zu können, wurd« von den Proponenten des Modells selbst in die Diskussion geworfen, In diesem Sinn bekennt sich das Modell zur Notwendigkeit, auch den zu Spitzenleistungen befähigten Schüler optimal zu fördern.

Die von Olechowski geschätzten - früherkennbaren - zwanzig Prozent eines Geburtsjahrganges können aber doch wohl besser gefördert werden, wenn der Lehrer nicht gleichzeitig auf 80 Prozent Spätentwickler Rücksicht nehmen muß.

Und diese 20 Prozent entsprechen in den nun nachrückender Jahrgängen jeweils rund 20.00C

Schüler - genug, um fast 700 Klassen zu füllen. Man zweifelt ja auch nicht daran, daß den rund 4000 Sonderschülem eines Jahrganges die ihnen bestmögliche Schule zur Verfügung zu stellen ist.

Die frühe Förderung der Frühbegabten bedeutet ja keineswegs, den Späterkennbaren den Weg in die weiterführende Schule und zur Matura verbauen zu wollen. Niemand denkt daran, die Durchlässigkeit der (zu reformierenden) Hauptschule aufzuheben. Der starke Andrang zu den Oberstufenrealgymnasien zeigt, wie viele Schüler heute schon von diesem Angebot Gebrauch machen.

Die „Schule von morgen" wird also — so man sie nicht doch ideologischem Diktat unterwirft—den 60 Prozent die ihnen optimale Mittelstufe bieten müssen, wozu das neue Modell viele Anregungen bietet, ohne den 20 Prozent die ihnen zustehende frühzeitige Förderung im Gymnasium zu entziehen.

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