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Modischer Dritter

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Noch vor wenigen Wochen wies die oberösterreichische FP die politischen Gegenspieler in die Schranken — wegen der „vorzeitig vom Zaun gebrochenen Wahlschlacht“ um die Landtagssitze. Bundeskanzler Kreisky und Landeshauptmann Wenzl seien schlecht beraten, Oberösterreich bis zum Wahltag am 21. Oktober in ein „politisches Schlachtfeld“ zu verwandeln, warnte Bundespartei-obmann Peter. Der Appell verhallte ungehört. Deshalb steigen jetzt auch die Freiheitlichen — unter Führung des jungen Landesparteiobmannes Horst Sehender — in den Wahlzug ein und heizen den Informationskessel kräftig an.

Erklärtes Ziel der Schender-Mann-schaft, deren Chef seit kurzem im modischen Rollkragenpulli von Oberösterreichs Plakatwänden herniederlächelt, ist die Verhinderung der absoluten Mehrheit von ÖVP oder SPÖ im oberösterreichischen Landtag. Von den 56 zu vergebenden Mandaten hofft die FPö sicher, 4 zu gewinnen, ersöhnt wird insgeheim aber ein fünftes.

Auf dem Wunschzettel der oberösterreichischen Sozialisten stehen 28 Landtagssitze; würden die rotblauen Hoffnungen in Erfüllung gehen, blieben für das Team um Landeshauptmann Dr. Wenzel (VP) nur 23 oder 24 Stühle im Landesparlament übrig. Mit einem derartigen „Besitzstand“ nach dem 21. Oktober rechnet aber in der Volkspartei niemand. Vielmehr ist man in dieser Partei auf ein vollkommen anderes Wahlergebnis eingestellt, obwohl kein strotzender Optimismus zur Schau getragen wird. Jedenfalls bleiben in den Lagern der großen Par-

teien die Stimmen der Realisten nicht ungehört, den kleinen Dritten im Landtagsbund — möglicherweise nur vorläufig — möglichst wenig oder besser gar nicht anzugreifen, weil man ihn bei der Kür des Landeshauptmannes nach dem Wahlgang im Herbst möglicherweise dringend brauchen wird.

Gerade diese Taktik, über deren Sinn bei den Freiheitlichen keinerlei Zweifel bestehen dürften, macht sich jetzt die dritte Landtagskraft in Oberösterreich zunutze. Sie kann mit Sachfragen, die beiden Großen gemeinsam unangenehm sind, in die Öffentlichkeit gehen, ohne massive Gegenwehr von vornherein ins Kalkül ziehen zu müssen. Das bringt mit Sicherheit Vorteile in der öffentlichen Gunst. Außerdem ist dieses Verhalten insbesondere dann glaubwürdig, wenn zunächst keine eigenen parteipolitischen Interessen mit sachlichen Vorschlägen verknüpft werden.

Geradzu typisches Beispiel dafür ist, daß die FP erst kürzlich in ziemlich scharfer Form kritisierte, daß in der Ressortverteilung innerhalb der Landesregierung die Aufsplitterung der Wirtschaftsagenden und damit der Förderungsinstrumente auf zwei Regierungsposten unsinnig sei und eine Zusammenführung der beiden Aufgabengebiete nach den Wahlen unbedingt anzustreben sein werde. Tatsache ist, daß das Gewerbereferat eine VP-Domäne ist und das Wirtschaftsreferat den Sozialisten gehört. Hätten die besitztragenden Parteien selbst eine Zusammenlegung verlangt, wäre sicherlich eine heftige Auseinandersetzung die Folge gewesen.

Die Freiheitlichen aber können eine solche Forderung gewissermaßen „ungestraft“ aufstellen, werden von keinem Konkurrenten deshalb angegriffen und können sich dem Wählerpublikum als vernünftige Leute mit plausiblen Argumenten präsentieren.

Inwieweit sich FP-Chef Sehender weiter dieser Taktik bedienen wird und was hier an Argumenten noch vorgebracht wird, darf sicherlich schon für die nächste Zeit erwartet werden. An Beratungen wird es dem Noch-Volksschullehrer und Noch-Gemeinderat von Linz, der jetzt FP-Landtagsspitzenkandidat für den Wahlkreis Linz ist, nicht fehlen: Ex-Schwiegerpapa und Bundesnarteiob-mann Peter wird seine reichen Erfahrungen auf diesem Gebiet gern zur Verfügung stellen.

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