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Monat des Lebens?

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„Im April sind die Felder Nikaraguas trocken. Das ist der Monat der Feldbrände. Der April ist in Nikaragua der Monat des Todes", heißt es in einem Gedicht von Ernesto Cardenal.

Der Dichterpriester hat sein Ministeramt verloren. Auch seine Prophetenkraft? Wird der April 1990mit dem Regierungs- wechsel ein Monat gewesen sein, der die Wende zu Frieden, Leben und Versöhnung brach- te?

Es gibt so gut wie nieman- den, der unter der Schirmherr- schaft der demokratisch ge- wählten Präsidentin Dona Violeta Chamorro paradiesi- sche Zustände heraufziehen sieht. Die Sandinisten haben korrekt die Regierung, aber nicht die Hoffnung auf Rück- kehr zur Macht abgegeben. Erste Lebenszeichen des freien Volkes scheinen vor allem Streiks zu sein. Wundern darf man sich nicht.

Die Inflation galoppiert. Ein Soldat verdient im Monat so viel, daß er sich auf dem Schwarzmarkt dafür einen US- Dollar kaufen kann. Die Staats- kassen sind leer. Die 14 Partei- en der bürgerlichen UNO-Alli- anz streiten über den Verbleib des alten Generalstabschefs. Über ein Zukunftskonzept streiten sie nicht, weil sie kei- nes haben. Und die US-Senato- ren wollen die von Präsident Bush versprochenen 300 Mil- lionen Dollar nicht lockerma- chen. (Einmoderner Atombom- ber kostet mehr.)

Wie soll man in einer solchen Situation hoffen können? Nun, der Krieg ist einigermaßen zu Ende. Nach Zehntausenden Opfertoten der Somoza-Zeit und ebenso vielen in der San- dinisten-Ära, von denen die allermeisten auf das Konto der verbrecherischen Contra-Re- bellen gingen, singt das Volk erstmals vom Frieden.

Man darf sich freuen, daß der Machtwechsel entgegen man- chen Prognosen korrekt, fast ritterlich vor sich ging. Und daß keine US-Invasion wie in Panama stattfand. Und daß die Sowjets jetzt andere Sorgen als eine Fortsetzung der Guerilla* förderung im Kopf haben. Auch in El Salvador wird verhan- delt.

Der gute Wille wächst rund- um in Mittelamerika, dessen fünf Staaten erstmals alle leid- lich demokratisch gewählte Regenten haben.

Also hat die US-Politik der Stärke doch gewirkt? Ja - aber mit politischem Druck einer Allianz westlicher Demokra- tien wäre gleiches zu erreichen gewesen wie mit gedungenen Mörderbanden und Völker- rechtsverletzungen.

Man wünscht Mittelamerika endlich eine Chance, in eigener Sache Schicksal zu spielen. Und die Einsicht der Groß- mächte, daß Freundschaft, Sicherheit und auch Geschäft am besten durch Respekt auch vor Kleinen und Schwachen gedeihen.

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