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Mord in der Bonbonkiste
(Staatsoper, Wien, „Rheingold“) von Richard Wagner. Vom „Mord in der Bonbonkiste“ sprach Regisseur Filippo Sanjust in einem Fernsehinterview über seine Neuinszenierung: Er sollte rechtbehalten! Süßlich und kitschig-langweilig wirkte dieser Vorabend zum „Ring des Nibelungen“ in seiner Regie, zu der er auch die Bühnenbilder entworfen hat.
Sanjust nähert sich dem Werk fast naiv. Er will Märchen spielen, wo der böse Zwerg Alberich sich bald in eine Schlange, bald in einen Froschkönig verwandelt und wo die Götter noch wirklich über die Regenbogenbrücke schreiten. Aber kann man das überhaupt nach all den neuen Deutungsversuchen, die Wagners „Ring“ durch Wieland Wagner, Herbert von Karajan, Götz Friedrich, Joachim Herz, U1L- rich Melchinger, Patrice Chereau, Luca Ronconi und andere erfahren hat?
Man kann nicht! Das hat Sanjust eindeutig bewiesen. Wer im „Ring“ nicht mehr zu inszenieren bereit ist als die Nibelungen-Sage, muß „baden“ gehen. Mit der Auffrischung von Karajans Wiener „Ring“-Inszenierung hätte man große Operngeschichte und Emil Preetorius’ Bühnenbilder bewahrt. So hat man vordergründig-simples Nostalgietheater eingetauscht. Enttäuschend war auch Zubin Mehta am Pult, der mehrere Buhorkane erntete. Seinem Wagner-Bild fehlt die bohrende Sinnlichkeit ebenso wie die leidenschaftliche Größe, die Tiefe des Schmerzes und der Aufschrei all der gequälten Kreaturen.
Von einem musikalischen Konzept zu sprechen, wäre geradezu Vermessenheit. Die Sängerbesetzung ist bei weitem das beste an dieser Aufführung. Peter Schreiers Loge, Brigitte Fassbaenders Fricka, Christa Ludwigs Erda und Heinz Zedniks Mime überzeugen am meisten. Hans Sotins Wotan fehlt, gemessen an den großen Vorbildern - man denke nur an Theo Adam -, die Persönlichkeit. Ein Abend der Halbheiten!
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