6966544-1985_15_12.jpg

Mordgerücht im Vatikan?

19451960198020002020

Der Engländer David A. Yallop versucht in seinem Buch „Im Namen Gottes?” nachzuweisen, daß der „33-Tage-Papst” einigen Mächtigen des Vatikans bei ihren Machenschaften im Wege gewesen ist.

19451960198020002020

Der Engländer David A. Yallop versucht in seinem Buch „Im Namen Gottes?” nachzuweisen, daß der „33-Tage-Papst” einigen Mächtigen des Vatikans bei ihren Machenschaften im Wege gewesen ist.

Werbung
Werbung
Werbung

Gruselgeschichten aus dem Vatikan konnten sich schon deshalb immer mit einem Schimmer von Wahrscheinlichkeit umgeben, weil die Geschichte der Papstkirche - auch ohne Zutun ihrer antiklerikalen Schwarzfärber - in fast zweitausend Jahren mehr Skandalöses hervorgebracht hat, als klerikale Schönfärber wahrhaben wollen.

So gab es schon 1978, kurz nach dem plötzlichen Tod des 33-Tage-Papstes Johannes Paul I., Gerüchte, es sei dabei nicht mit rechten Dingen zugegangen. Mord im Vatikan? Die These verkauft sich - ohne Fragezeichen — allemal, geschäftlich und politisch.

Großer Druck und dickes Papier besagen noch nichts über das Gewicht von Fakten, noch weniger über die Richtigkeit von Schlüssen; auch nicht die paar Dutzend Namen, die der Autor nennt und als „Spitze des Eisbergs” seiner diskreten Gewährsleute bezeichnet. Die Prominentesten, die beiden Kardinäle Benelli und Felici, sind gestorben, andere haben nie von David A. Yallop gehört.

Immerhin, der unsichtbare Eisberg hat gekreißt und - Ratten geboren, die der Autor als sechs Hauptdarsteller einer nicht etwa nur vatikaninternen, sondern auch italienischen, ja internationalen Verschwörung auftreten läßt. Drei der „Angeklagten” können sich ohnehin nicht mehr wehren, weil sie inzwischen tot sind; der Kardinalstaatssekretär Villot, der amerikanische Kardinal Cody und der italienische Bankier Calvi. Zwei sitzen im Gefängnis, in italienische Mafia-Skandale verwickelt: der Bankrotteur Sindona und der Freimaurerlogen-Chef Gelli.

Nur Erzbischof Marcinkus, der Präsident der Vatikanbank, des ominösen „Instituts für die Werke der Religion”, amtiert bis heute. Doch gerade an dem, was Yallops kriminalistischer Eifer bei Marcinkus zutage fördert, zeigt sich, wie die vorgefaßte Meinung den Autor immer wieder zu absurden Schlüssen auch aus richtigen Prämissen verführt:

Nachweislich seien im Juli 1971 in New York „gefälschte amerikanische Wertpapiere im Wert von 14,5 Millionen Dollars” an die Vatikanbank geliefert worden; eine größere „Bestellung” - fast eine Milliarde Dollars - fand der amerikanische FBI jedoch unter einem falschen vatikanischen Briefkopf getätigt. Im April 1973, also erst eindreiviertel Jahre später, als — auf Grund einer von Marcinkus selbst verlangten Uberprüfung der Papiere - die Fälschung ans Licht kam, reisten zwei FBI-Beamte nach Rom und informierten den Vatikan (auch Marcinkus), daß er betrogen worden war. Yallops Schluß: Marcinkus habe da selbst „eine der größten Betrügereien aller Zeiten eingefädelt”, also für sein Bankinstitut ganz bewußt gefälschte Wertpapiere gekauft, um sich zu bereichern.

„Wenn mir einer gesagt hätte, daß ich Papst werde, hätte ich mich besser vorbereitet”

Zugleich zitiert Yallop jedoch, daß die Ermittlungsergebnisse des FBI dafür keinerlei Beweise erbrachten. Hätte Yallop eine auch nur blasse Ahnung von der wirklichen Problematik vatikanischer Verhältnisse, dann wäre er zu dem sehr viel einfacheren, freilich nicht so sensationellen Fazit gekommen: Ein Priester, zumal ein Erzbischof, taugt nicht zum Bankdirektor.

Zwar gab es zur Zeit, als Johannes Paul I. am 28. September 1978 starb, noch gar keinen „Fall Marcinkus”, doch der Amateur-Detektiv Yallop braucht das Motiv für einen Papstmord. So soll der Pontifex am Tage vorher dem erschrockenen Kardinal Villot (den er gerade öffentlich in seinem Amt als Staatssekretär bestätigt hatte!) eröffnet haben, er werde ihn selbst und andere Würdenträger entfernen und die Vatikanbank überprüfen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung