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Mozart — Lehar — Lorca

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Das vierte Jahr Wochinz und der vierte Mozart im Haus, vor dem zum Empfang der Gäste als Kontrast eine Trachtenkapelle für Stimmung sorgte. Diesmal war man bei „Cosi fan tutte“ angelangt, jener „komischen Oper“, die den Beweis zu erbringen sucht, es seien alle Frauen zu haben, wenn nur der Rechte zur rechten Zeit in Erscheinung tritt. Um das Gelingen des durchsichtigen Spiels mit seiner simplen Handlung war es dem Dirigenten Robert Filz- ivieser, dem Regisseur Herbert Wochinz und dem Bühnenbildner Matthias Kralj — seinem lichten, hellen und der Symmetrie verpflichteten Bild sei besonderes Lob — zu tun gewesen; der Erfolg blieb nicht aus: Man ergab sich der heiteren Stimmung, der Grazie schön musizierter Klänge und der Leistung eines recht glücklich zusammengestellten Ensembles internationaler Prägung zwischen Rumänien und den USA, das in dem auf die Probe gestellten Bräutepaar Diana Henery

(Fiordiligi) und Renate Summer (Dorabella) und dem ganz prächtigen Guglielmo Jörn Wilsings seine Stärke und der Despina Syvia Voi- neas seine Munterkeit besaß, der sich die nicht ganz überzeugende Weisheit des zu jungen Philosophen Don Alfonso (Jonei Pantea) gesellte. Man nahm den Abend mit Dankbarkeit und starkem Beifall an.

Weniger glücklich war man allerdings mit Lehar, der ein seit Jahren anhängliches Publikum in „Das Land des Lächelns“ lockte, das die Regie Tarnas Ferkai ä tout prix des süßen Kitsches und überbetonter Sentimentalität zu berauben suchte. Das aber verträgt sich nun einmal nicht mit dieser Scheinoper, die sich zudem durch radikale Kürzung des „Wiener Aktes“ und den Kontrast mit dem im Bühnenbilde Peter Manhardts eindrucksvoll beschworenen China beeinträchtigt fand. Blieb die Verlagerung auf das dritte Bild, darin Seelengröße, Gefühl und Entsagung zur Publikumsrührung hinfinden.

Neben einer gesanglich starken Lisa (Yolande Sudan), einer ganz entzückenden Mi (Beate Granzow) und einer Reihe sympathischer Darsteller fiel der Prinz Sou Chong des finnischen Gastes Veijo Varpio ab. Indisponiert und mit einem nicht gerade überzeugenden, wenig wandelbaren Tenor ausgestattet, blieb er in der Versicherung „Dein ist mein ganzes Herz“ nicht sehr glaubwürdig. Dem neuformierten, noch etwas unausgeglichenen Ballett gewann der Choreograph Paul Bierek eine respektable Leistung ab. Souverän und seinen Solisten entgegenkommend die musikalische Leitung durch Anton Marik.

Mit Federico Garcia Lorca betrat das Schauspiel die Szene. Man hatte sich die „Bluthochzeit“ ausgesucht und diese lyrische Tragödie zwischen Eros und Thanatos dem Regisseur Hans Gaugier anvertraut, der sich bei uns mit Brecht und Sartre eingeführt hatte und nun an Lorca geriet, nicht zum Vorteil des Dichters, dessen durchglutete Ballade durch unverständliche Striche ihrer Höhepunkte beraubt war. Die dichterische Schönheit des Wiegenliedes, die sprachlich bedeutsame Begegnung mit der den Tod verkörpernden Bettlerin fanden sich verkürzt, die dem Theater sein Recht gebenden Aktschlüsse der Flucht und des tödlichen Kampfes waren von Höhepunkten weit entfernt. Blieb nur die ruhige Einstimmung des Beginns und die Starre des Schlusses, die an antike Größe herankam. Vorzüglich das Bühnenbild Tilo Hofers, das leider schnellerer Verwandlung entgegenstand und so zu lange Pausen zwischen die „Strophen“ der Ballade legte. Von der Darstellung her diente nur Anna Daman in ihrer Unerbittlichkeit und unversöhnlichen Strenge der Dichtung. Ihre Mutter war des Dichters Geschöpf. In ihre Nähe kam noch Leonardos Frau, Ute Lasch und die Magd Irina David, die eigenes weibliches Zukurzgekommensein in Neugierde umsetzt. Die Braut Susanne Turrini überzeugte erst in der Trauer um den Verlorenen. Ohne mehr geben zu können als bemühte Präsenz Armando Dotto als Leonardo, dem Willen der Mutter hörige Peter Uray als Bräutigam. Etwas von der Bösartigkeit des Lorca-Mondes wußte Horst Eder in die klar gesprochenen Verse des Dichters zu legen. Das Publikum dankte stürmisch. Dem Dichter der „Bluthochzeit“ war es allerdings an diesem Abend nicht begegnet.

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