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Mrozeks Rückkehr

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Erst ein Jahrzehnt nach der voji Hitler ausgelösten Selbstzerstörung Europas entstand ein neuer Stil der Schwerpunktlo- sigkeit: Das absurde Theater. Dessen Meister Ionesco und Beckett fanden in dem Polen Slawomir Mrozek (geboren 1930) genialische Nachfolge.

Von Haus aus befand er sich in einer streng überwachten Gesellschaft … Unangreifbar für die Zensur wollte er kritische, aber humanistische Überzeugungen ins Volk schmuggeln. Die Bühnen der Welt haben es ihm stürmisch gedankt. Seit seiner Emigration verwandelt sich ihm freilich das Mutterland immer mehr in ein symbolistisches Inbild der Jahrhundertwende.

In Mrozeks Fernsehspiel „Eine Rückkehr“ wird die „Ahnfrau“ des Polentums von der Schwester des berühmt gewordenen Autors Leo verkörpert. Sie lockt den Bruder, zugleich verlorenen Sohn des Volks, in die Heimat zurück. Leo verfällt der Faszination seiner Stammesmisere, weil sie ihm vom Regisseur Mrozek kulinarisch perfekt serviert wird. Der Tod, unverläßliches Requisit symbolistischen Theaters, weissagt als pensionierter Professor bei einem Friedhofspicknick den Untergang.

In solchen Fällen nimmt sich das Jahr 1914 immer gut aus. Überhaupt scheint Österreich durch die leichte Muse (Johanna Thimig), an die sich der verlo-’ rene Sohn vergeudet, und durch einen miserablen Arzt ein wenig unterrepräsentiert zu sein. Nach kurzer Balgerei mit dem Jugendfreund Ivo, einem Risorgimentokämpen aus der Frühzeit Verdis, bildet sich dann doch so etwas wie eine nationale Einheitsfront aus Leo und Ivo. Solche „Folklore“ gefällt also nicht bloß dem Wiener Flitscherl, das von beiden Polen 1914 in Stich gelassen wird, sondern auch dem Produzenten, dem süddeutschen Rundfunk 1980. Und uns?

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