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Mühsal der Solidarität

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Ein Österreicher (FURCHE-Mit-herausgeberundStyria-Generaldirektor Hanns Sassmann) wurde für die nächsten drei Jahre zum Präsidenten der Katholischen Weltunion der Presse (UCIP) gewählt. Eine Österreicherin (Pia Maria Plechl von der „Presse") hielt eines der konkretesten Referate des 12. UCIP-Weltkongresses in Rom.

Ein Österreicher (FURCHE-Ver-lagsleiter Wal1ter Schaffelhofer) wurde zum Vorsitzenden des Verbandes der Wochenzeitungen, ein weiterer (Styria-Direktor Julius Kainz) in das UCIP-Leitungsbüro gewählt.

Der vergangene Woche in Rom abgehaltene Kongreß machte die langjährige Verbundenheit Österreichs mit der UCIP mehrfach erkennbar.

Daß die Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, diesmal mit rund 120 von insgesamt 470 Delegierten vertreten, eine zunehmend wichtige Rolle spielen werden, war schon auf dem letzten UCIP-Kongreß in Wien vor drei Jahren unübersehbar gewesen.

Unübersehbar war freilich auch diesmal noch, daß die einzelnen „Welten" erst miteinander umzugehen lernen müssen, um dem Begriff der Kommunikation jene „Vertiefung" zu verleihen, die UCIP-Generalsekretär Pater Pierre Chevalier in seinem Rechenschaftsbericht forderte.

Viel fiel für die dunkelhäutigen Teilnehmer vom offiziellen Kongreßgeschehen wohl nicht ab. Das Thema („Die Presse im Dienst einer kommunikativen Gesellschaft") war vage und wurde von vielen Referenten abendländisch-abstrakt abgehandelt.

Immerhin klang mehrfach das Verlangen an, Kommunikation nicht als Einbahnstraße zu verstehen, sondern als „Austausch, Teilnahme, Dialog, Hingabe von Leben, Erfahrung und Kenntnissen, brüderliches Teilen durch die Suche nach gemeinsamer Wahrheit" (Chevalier).

Auch Johannes Paul II. sprach in der Sonderaudienz für die Kongreßteilnehmer und Kardinal-Staatssekretär Ago-stino Casaroli in einem Grußwort in diesem Sinn.

Klar formulierte Pia Maria Plechl: Der katholische Journalist sei weder Werkzeug noch P. R.-Agent der Bischöfe, aber auch nicht gesinnungslosneutraler Beobachter. Ihn hätten professionelle Kompetenz, echte Kommu-nikationsbereitschaft.'die Fähigkeit zur Unterscheidung, aber auch „eine Eigenschaft, die uns besonders schwerfällt, die Demut", auszuzeichnen.

Und auch P. Jose Louis Martin Des-calzo, Direktor der Madrider Wochenzeitschrift „Blanco y negro", stieß mit seiner Charakterisierung des Journalisten auf starke Zustimmung: nicht Apologet, Propagandist, Seelenhirte, Prediger oder Katechet habe er vorweg zu sein, sondern Informator im Vollsinn des zeitgemäßen Berufsverständnisses.

Schon der unvergessene P. Emile Gabe, Generalsekretär von 1957 bis 1968, habe einmal einem Kardinal, der eine „apostolische Zeitung" gründen wollte, gesagt: „Kaufen Sie, Eminenz, eine Zeitung, um Ihre Seele zu retten oder um zu erfahren, was es Neues gibt?"

Neues, das beim Kongreß in Rom erkennbar umstritten war, ist das seit Jahren auch außerhalb der Kirche in der Informationsbranche heiß umkämpfte Projekt einer „Neuen Internationalen Kommunikations- und Informationsordnung".

Den Publizisten der Dritten Welt geht es darum, daß die Industriestaaten aus ihren Ländern nicht immer nur negative Berichte, verfaßt von den Vertretern der fünf dominierenden Nachrichtenagenturen AP, UPI, Reuter, AFP und Tass, vorgesetzt erhalten sollten.

Die westlichen Bedenken richten sich naheliegenderweise gegen staatliche Dirigismen, die unter dem Titel „ausgewogener Nachrichtenfluß" und „Brechung des Agenturmonopols" eingeführt werden könnten. Diese Bedenken sind begründet und spielen auch bei der gegenwärtig in Belgrad dieses Thema

beratenden UNESCO-Generalkonfe-renz eine zentrale Rolle.

Dennoch kann man nicht übersehen, daß viele Publizisten im Westen ausschließlich diese eine, die eigene Seite des Problems im Auge haben.

Die „Neue Informationsordnung" (wobei niemand sagen kann, worin die jetzige „Ordnung" bestünde) soll nicht zuletzt den Publizisten der Dritten Welt gegen ihre eigenen, häufig zum Totali-tarismus neigenden Regierungen Schutz und Status verschaffen.

Aber auch, daß die neue Kommuni-kationsordnung als Bedingung der gleichfalls geforderten „Neuen Weltwirtschaftsordnung" verstanden wird, ruft manche Verfechter des heutigen Wirtschaftssystems auf den Plan.

Dieses Thema verriet am deutlichsten, wie sehr auch ein Kongreß wie dieser noch immer eher ein multinationales als ein internationales Unterfangen ist: Man redet scheinbar miteinander, in Wirklichkeit aber häufig aneinander vorbei mit sich selbst.

Das äußere Erscheinungsbild des Kongresses spiegelte diese Realität wider: Weiße saßen bei Weißen, Schwarze bei Schwarzen, Braune bei ihresgleichen. Mehr noch: Auch Asiaten kommunizieren kaum mit Afrikanern, diese nicht mit den Lateinamerikanern, französischsprachige Afrikaner mieden die englischsprachigen.

Was ein zweitägiger „Vorkongreß der Dritten Welt" besprochen oder gar beschlossen hatte, erfuhren die übrigen Kongreßteilnehmer nie.

Brüderliche Weltgemeinschaft ist schwer, auch unter Katholiken. Ein Grund mehr, sich mit noch größerer Anstrengung als bisher diesem mühsamen Lernprozeß zu unterziehen.

Der neue UCIP-Präsident versprach es in seiner Antrittsrede: „Auch wir brauchen die Geistigkeit unserer Freunde aus der Dritten Welt." Weitere Schwerpunkte der Arbeit, denen sich Hanns Sassmann nun widmen will:

Ausbau des Solidaritätsfonds, Pflege der Kontakte mit den Kurienvertretern, Verfolgung der Kommunikation nicht nur als soziologische, sondern auch als theologische Wirklichkeit und Bemühen um jenes „beispielhafte vitale Medienverständnis", das die polnischen Arbeiter bewiesen, als sie mit materiellen Forderungen auch das Verlangen nach Öffnung der Kommunikationsmittel für die Kirche verbanden.

Der Beifall dafür war so spontan und ehrlich wie für die Protesttelegramme an die Regierungen von Bolivien und Kongo-Brazzaville wegen Verhaftung von Journalisten.

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