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Mütter machen Paschas
„Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, daß die Frau kochen lernt, Frauen sind ja meistens auch schöner, um den Männern zu imponieren. Sie ist eben dafür geschaffen, in der Küche zu stehen.“ „Meine Frau darf arbeiten gehen, wenn sie es möchten. Sie darf auch den Führerschein machen.“
Aussprüche hartnäckiger Gegner der Gleichberechtigung? Keineswegs. Vierzehnjährige Buben, die den Frauen immerhin gleiche Rechte innerhalb der Familie zugestehen wollen, vertraten diese Ansichten bei einem Gespräch, das ich für eine Schulfunkreihe mit Buben und Mädchen einer fünften Wiener AHS-Klasse führte.
Der weibliche Nachwuchs gab sich da schon provokanter. Ein Mädchen gab zwar zu bedenken, es sei „für den Vater eher entwürdigend, bei den Kindern zu bleiben, weil es bis jetzt eben so war, daß der Vater das Geld nach Hause gebracht hat“ , insgesamt ist jedoch nicht zu überhören, daß es zukünftige Paschas mit ihren Frauen nicht mehr ganz so leicht haben werden.
„Ich werde sicher nicht die ganze Hausarbeit alleine machen“, meinte eine Vierzehnjährige temperamentvoll. Länger als einige Jahre der Kinder wegen zu Hause zu bleiben, lehnten auch
ihre Klassenkolleginnen ab: „Jeden Tag dieselben Handgriffe, nur zu Hause sein, das ist fad. Außerdem sieht man zu Hause nicht, daß man etwas leistet, das gilt ja alles als selbstverständlich. Im Beruf schon. Da bekommt man dafür auch gezahlt und hat Anerkennung.“
Aber auch sonst erwarten die Frauen von morgen von den Männern einiges: „Männer sollten Sentimentalität lernen“. „Daß Männer nicht weinen dürfen, finde ich dumm“. „Männer sollten auch zugeben, wenn sie verliebt sind und das zeigen“. Frauen als Bischöfe, Kardinale oder sogar als Papst sind für die 14jährigen Mädchen gar keine Frage mehr: „Frauen können sich viel besser in die Situation von Familien hineindenken. Männer verstehen von den Problemen, die Frauen haben, ja doch nichts.“
Woher kommt es zu den unterschiedlichen Ansichten gleichaltriger Buben und Mädchen? Erziehen Mütter - immer noch sind es ja Frauen, die für die Erziehung in erster Linie zuständig sind - ihre Töchter anders als ihre Söhne? Es scheint so:
„Ich muß immer strafweise im Haushalt helfen“, erzählt ein Vierzehnjähriger, „und wenn ich nichts machen will, kann meine Mutter dagegen auch nichts tun.“ Die anderen Buben nicken zustimmend. „Meine Brüder müssen viel weniger im Haushalt machen als ich. Sie werden schon gelegentlich herangezogen, zum Beispiel beim Einkäufen, aber im allgemeinen kommen hauptsächlich wir dran.“ Diese Feststellung der Mädchen klingt unzufrieden. Sie empfinden es als ungerecht, vor allem dann, wenn die Mutter arbeiten geht und doch froh ist, daß ihr der Vater hilft.
Und was sagen die Mütter dazu? Hier scheiden sich die Geister. Während bei der Kindererziehung immer noeh die Ansicht vorherrscht, daß das nur Frauen zuzutrauen wäre - „Die Psyche eines Mannes ist eben ganz anders“ und „Das ist einer Frau wahrscheinlich doch angeboren" - stellen Frauen ihre Alleinzuständigkeit für den Haushalt zunehmend in Frage.
Eine Diskussion unter Hausfrauen gipfelte in der Einsicht: „Wir dürfen nicht vergessen, daß es Frauen sind, die die Buben zu Paschas erziehen. Wir müssen endlich unsere Einstellung zu unseren Söhnen ändern.“
Schulfunkreihc: „Sag mir, wo die Frauen sind“, jeweils Mittwoch, öl,9.45-10 Uhr,Sendungen noch am 28.1., 25.2. und 11.3.1981. Manuskripte beim Schulfunk.
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