Causa Teichtmeister: Eine Gratwanderung für die Medien

19451960198020002020

Über die Schwierigkeit, medial mit einer Anklage wegen des Besitzes von Bildern, die mutmaßlich sexuellen Missbrauch zeigen, umzugehen.

19451960198020002020

Über die Schwierigkeit, medial mit einer Anklage wegen des Besitzes von Bildern, die mutmaßlich sexuellen Missbrauch zeigen, umzugehen.

Werbung
Werbung
Werbung

Natürlich gibt es rund um die Causa Teichtmeister auch jede Menge Fragen zu und über die Medien. Warum haben diese, wenn es schon länger Gerüchte über Kindesmissbrauch via Internet durch den damaligen Burgschauspieler und Austro-Filmstar gab, sich nicht engagiert genug um die Aufklärung des Sachverhalts bemüht? Immerhin berichteten der Standard und andere schon vor einiger Zeit von den Vorwürfen, wenn auch ohne Namensnennung. Und wie sollten die Medien die Vorgänge beleuchten, nachdem sie bekannt geworden sind? Wie sollen sie diese einordnen?

Man kann sich, wie die Krawallmedien, auf den Täter und sein Milieu stürzen: Wer sich dieser Tage ins einschlägige Online-Portal exxpress.tv (oder den zugehörigen „Nachrichtensender“) verirrt, wird seine dunklen Ahnungen nicht nur bestätigt, sondern gar übertroffen vorfinden. Der Übeltäter lacht einem mit diabolischem Blick fotoweise entgegen, und natürlich werden – statt das Delikt und die Zusammenhänge zu beleuchten – alle Energien dieser Medienmacher auf einen Übeltäter fokussiert, zu dem gleichzeitig ein Gottseibeiuns-Milieu in Geiselhaft genommen wird. Für exxpress.tv heißt dieses „linke Kulturschickeria“, dessen Fratze nun via Teichtmeister-Konterfei aus allen Ecken entgegengrinst.So führt man einen Kulturkampf, aber keine Debatte. Um die Opfer, um die es dabei zuvorderst gehen sollte, schert sich der Kampf-Boulevard sowieso nicht. Und wenn einem auf den ersten Blick noch der Wiener FPÖ-Obmann ins Auge sticht: „Dominik Nepp fordert: ‚Lebenslange Haft für Florian Teichtmeister‘“, dann ist klar, dass Law-and-Order-Parolen für die Reichweiten-Optimierung dienen sollen – nicht Problem-Benennung und -Lösung stehen da im Vordergrund.

Es sei die Aufgabe der Medien, nicht nur über den Einzelfall, sondern über das Problem an sich zu berichten – solches äußerte die Klagenfurter Medienethikerin Larissa Krainer zur aktuellen Causa gegenüber der APA. Die Wissenschafterin brachte das Problem auf den Punkt: „Es gilt, die Missstände aufzugreifen, sie auch als Missstände zu behandeln und zu bezeichnen, sie zu verurteilen und nicht gleich wieder in Vergessenheit geraten zu lassen.“ Auch gehe es darum, relevanteFragen anzusprechen, etwa wie man Kinder davor bewahren könne, Opfer zu werden, oder wohin sich Menschen wenden können, um nicht zu Tätern zu werden.

Krainers Sicht ist wenig hinzuzufügen. Die Medienethikerin warnte auch davor, über Gerüchte zu berichten: Gerüchte als Ausgangspunkt für Recherchen zu benutzen – darin sieht Krainer wenig Probleme. Eine Gratwanderung also. Aber Medien, wenn sie ihren gesellschaftlichen Auftrag ernst nehmen, kommen nicht darum umhin, die Gratwanderung zu versuchen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung