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Keine Zeit vor der Wahl

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Wo kein Kläger, da kein Richter. Sprichwörtlich, aber durchaus nicht immer zutreffend. Schnell klagt da einer einen anderen. Und dann sind Richter da, alle sind da - nur der Kläger ist es nicht.

Einmal kann solches durchaus passieren, auch — wenn es der Zufall will — ein zweites Mal. Beim dritten Mal fällt es schon dem Gutgläubigsten schwer, an einen Zufall zu glauben. Und nach dem vierten Mal staunt man, wenn jemand, der sich so tief verletzt fühlt, daß er nach dem Richter ruft, so wenig Zeit und Interesse hat, damit ein Richter endlich einmal auch Recht sprechen kann. Das gibt es nicht? Gefehlt. Solchi- ge Sachen lassen sich — in guter „Watschenmann“-Tradition - nicht erfinden, nicht einmal von unserem Etablissement.

Gefehlt hat in den Augen von FPÖ-Obmann Jörg Haider und seines Salzburger „Statthalters“ Karl Schnell die ÖVP-eigene „Salzburger Volkszeitung“ und deren Chefredakteur Willi Sauberer, weil dort am 28. April des Vorjahres reportiert und kommentiert wurde, daß Schnell - freiheitlicher Ex-Generalse- kretär, von der FPÖ zum Landesrat, zudem zum Spitzenkandidaten für den 13. März 1994 erkoren — zusammen mit einem anderen nicht unprominenten Salzburger Parteikameraden aus der (römisch-katholischen) Kirche ausgetreten ist. Dies, wie auch Überlegungen, die Sauberer in diesem Zusammenhang mit Haider und dessen Abfälligkeiten - vor der Privataudienz beim Papst - gegenüber kirchlicher Stellungnahmen zum Anti-Ausländer-Volksbegehren angestellt hat, brachten eine Rechtslawine ins Rollen: Schnell - „Die Behauptung, der Klagesteller sei aus der Kirche au- gertreten, ist richtig“ (Zitat aus der Schnell-Eingabe) gegen den Medieninhaber ÖVP, Haider gegen Sauberer.

Wechselseitige Klägerverhinderung hat ganz zufällig auch den vierten Gerichtstermin am 10. Dezember platzen lassen. Haider ließ wissen, daß er bis März 1994 keinen freien Termin mehr habe. Wie denn auch, wo er doch nebstbei sogar kaum Zeit findet, um * bei Parlamentssitzungen anwesend zu sein. Und — zufällig, wie alles in diesem Fall - sind dann die Wahlen vorbei: in Salzburg.

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