Ö1-Kulturjournal: Kultur – weiter jeden Tag neu

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Otto Friedrich über die Fast-Einstellung des Ö1-Kulturjournals

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Otto Friedrich über die Fast-Einstellung des Ö1-Kulturjournals

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Dass die öffentlich-rechtliche Anstalt ORF in diesen Tagen vor den Vorhang zu holen ist, bleibt weiter eine ausgemachte Sache: Wie man im öffentlichen Interesse agiert ohne in einen Regierungsfunk abzudriften, das machen die Kolleg(inn)en am Küniglberg und (noch) in der Argentinierstraße vor. In Zeiten, in denen absolute Regierungskontrolle auch über Information und Medien längst kein Hirngespinst mehr ist (schau nach Orbánland!), darf man sich mit diesem ORF glücklich schätzen.

Dass es trotz der hervorragenden Performance der Anstalt auch Schnapsideen gibt, die schleunigst zu entsorgen sind, ist kein Widerspruch. Ein solches Ansinnen war der Versuch, das wochentägliche Ö1-Kulturjournal zu streichen. Der diesbezüglichen Ankündigung am Wochenende folgte der Aufschrei der Kulturszene – nicht zuletzt auf den Kanälen der sozia­len Medien (auch der FURCHE).

Ein mehr als angebrachter Protest. Denn die „Kultur“ im Lande ist durch die Versammlungsverbote ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen. Abgesehen davon, dass sich Künstlerinnen und Künstler generell in einer existenziell prekären Lage befinden, sind es die Medien aller Verbreitungsplattformen, die zurzeit als Einzige „Kultur“ befördern können. Natürlich fordert die neue Situation auch die Kreativität der Medienmacher heraus – ein aktuelles Kulturjournal kann nicht mehr wesentlich auf Veranstaltungsberichte zurückgreifen. Aber was alles im Netz ab­geht und welche (kulturellen) Diskurse gerade auf Ö1 abzubilden sind – das sollte viel Stoff hergeben, und zwar jeden Tag neu.

Auch ein Printmedium wie die FURCHE sieht sich ähnlichen Aufgabenstellungen gegenüber, wenn es keine zu rezensierenden Theater-, Opern-, Filmaufführungen oder Ausstellungen gibt. Aber da fallen einem doch Themen und Phänomene ein, über die wir schon lang berichten wollten, und die nun endlich Platz finden können …

Gott sei Dank ist dem Protest auch eine zumindest teilweise Rücknahme der Kulturjournal-Einstellung durch die Ö1-Leitung gefolgt – mit eben den Stoßrichtungen, wie sie oben skizziert wurden.

Und man lernt: Protest kann sogar schnell etwas bewirken – diesmal eine Lichtseite der Social-Media-Gesellschaft.

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