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Wer kann Zeiler hier folgen?

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Wo ist der ORF noch öffentlich-rechtlich, wo ge-riert er sich bereits privatisiert? Dazu der Salzburger Kommunikationswissenschafter Schmolke.

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Wo ist der ORF noch öffentlich-rechtlich, wo ge-riert er sich bereits privatisiert? Dazu der Salzburger Kommunikationswissenschafter Schmolke.

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Generalintendant Gerhard Zeiler sieht sich dem Beschuß der etablierten Medienkritik und der Kunst- und Kulturinitiativen ausgesetzt. Daran ist er nicht ganz unschuldig. Denn während er einerseits gern betriebswirtschaftlich argumentiert: die „Marktanteile” der ORF-TV-Programme hätten sich gegenüber der von außen eindringenden Konkurrenz deutlich verbessert, jedenfalls zu bestimmten Tageszeiten, schiebt er auffallend häufig Argumentationsbrocken mit dem Etikett „Kultur” nach. Das Budget der Abteilung Kultur sei verdreifacht worden, neue Kultursendungen werden angekündigt, in der ZIB gibt es immer mehr Kulturminuten, die Festspieljubiläen von Salzburg und Bregenz werden Höhepunkte liefern und eine Kurzversion von Ludwig van Beethovens Fidelio wird angedroht. Nachdem niemand genau weiß, was Kultur eigentlich ist, kann man sich mit dieser Methode verschiedene Lager zum Feind machen: Das breite Publikum fürchtet sich generell vor Kultur, und jene, die zu wissen glauben, was Kultur ist, beginnen die Kulturminuten nachzurechnen und auf ihr Gewicht zu prüfen.

Offensichtlich hängt die Kultur-Sprachregelung auf dem Küniglberg mit jener eigenwilligen Interpretation des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrags zusammen, die der Generalintendant im Jänner geliefert hat; demnach beschränken sich die „öffentlichrechtlichen Pflichten” des ORF auf den Informationsauftrag, den Kulturauftrag, den Bildungsauftrag, den Föderalismusauftrag, den Religionsauftrag und den Österreich-Auftrag.

Den Unterhaltungsauftrag (Rundfunkgesetz 2 Abs. 1, Ziffer 4) hat Zeiler schlicht ausgeklammert, so als ob die Anstalt auf diesem Gebiet schon privatisiert wäre. Er macht auch eine entsprechende Rechnung auf: das Gebührenaufkommen reiche nicht einmal für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags in seinem engeren Verständnis, dieser werde also „übererfüllt” (O-Ton Zeiler).

Wer anders denkt und den ORF als Ganzes als öffentlichrechtlichen Rundfunk sieht, wird hier nicht folgen können und sich mit Recht die Frage stellen: Warum soll ich weiterhin das volle Programmentgelt für eine Rundfunkeinrichtung bezahlen, die sich nur mehr zur Hälfte (Kultur und Information) als public Service versteht und im übrigen ein Unterhaltungs-Programm anbietet, das ich bei den Privaten kostenfrei ins Haus geliefert bekomme?

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