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Munition gegen das Milizheer?

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Der Weg, auf dem „Verschlußsa- chen" und Aktenvermerke aus dem Verteidigungsministerium in den Besitz von Oerlikon-GeneralVertre- ter Walter Schön gelangt sind, hat eines mit jenem gemeinsam, auf dem Aktenstücke nach spektakulären Hausdurchsuchungen (Paragraph 145 der Strafprozeßordnung: „Bei der Durchsuchung von Papieren ist dafür zu sorgen, daß deren Inhalt nicht zur Kenntnis unbefugter Personen gelange.") beim „profü" landeten: die Illegalität.

Was rund um die Anschaffung der Flak-Übungsmunition für das Bundesheer gelaufen ist und was sich jetzt bei der Aufklärung und im Weiterspinnen dieser Affäre abspielt, ist Schmiere. Erst ein Tohuwabohu im Verteidigungsmi- nisterium, wo aus gesicherten Par- teibuch-Stellungen quergeschossen wird, dann chaotische Justizaktio- nen, in deren Rahmen sich ein jun- ger Staatsanwalt zuletzt dadurch zu profilieren versucht, daß er Ju- stizminister Egmont Foregger qua- si als Lügner an den Pranger stellt. Und schließlich der Aufmarsch der populistischen Trittbrettfahrer, die vom Feldherrnhügel in der Wiener Muthgasse aus „Weg mit diesem Bundesheer!" fordern, ungeniert sich bei der Forderung nach einem Berufsheer auch auf jene berufend, die das Bundesheer überhaupt ab- schaffen wollen (FURCHE 50/ 1989). Den Zusammenhang zwi- schen allgemeiner Wehrpflicht und Munitionsaffäre vermochte der „Herr Strudl" nicht zu erklären.

Die Forderung der „Krone" zielt darauf ab, die Einheit von Gesell- schaft und Bundesheer, wie sie in unserem Milizsystem ihren Au- druck finden sollte, aufzulösen. Eine Landesverteidigung, die in Solida- rität mit dem Staatsganzen auf die allgemeine Wehrpflicht aufbaut, entspricht nicht nur unserer demo- kratischen Staats- und Gesell- schaftsordnung am besten, sondern ist auch Audruck unserer Gemein- haftung. Und diese Einheit von Bür- ger und Soldat sichert besser als je- des andere System, daß die Armee nicht für falsche Ziele mißbraucht oder zu Eigenleben verführt wird. Dabei sollte jeder in den letzten Wochen beim Blick über unsere Grenzen hinaus den Wert einer Armee des Volkes begriffen haben.

Gerade auch, weil im Zusammen- hang mit Rumänien und Panama vom „Interventionsrecht" Dritter die Rede war: Österreich darf kei- nen Zweifel aufkommen lassen, daß es sich selbst verteidigen will. Und es ist die Pflicht dieses Staates, jene Staatsbüger, die ihre Wehrpflicht erfüllen, so auszubilden und aus- zurüsten, daß zum Schutz des Lan- des auch ihr Selbst- und Überle- bensschutz gewährleistet ist.

Die Mittel waren und sind knapp. Daher ist jeder Groschen - ob nun für zu teure Munition oder für Ver- waltungshypertrophie und aufge- blähte Stäbe - zum Fenster hinaus- geschmissen, ein Ärgernis. Da ge- hört mit eisernem Besen ausge- mistet, gehören Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen. Aber bevor man der Sache weiter die Krone aufsetzt: Das Bundesheer ist nicht nur verbesserungsfähig, sondern erst recht verbesserungswürdig.

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