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Musik aus Strakonice

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„Seit der Grenzöffnung haben sich die Beziehungen zwischen Oberösterreich und (ÜSFR eindeutig verbessert" lautet die einhellige Meinung der Vertreter kultureller Einrichtungen in Linz und Umgebung. Die meisten Kontakte wurden kurz nach der Öffnung geknüpft. Mittlerweile herrscht ein reger Kulturaustausch. So wurde im „Offenen Kulturhaus" des Landes Oberösterreich ein Architekturworkshop durchgeführt. Veranstalter war die „Zentralvereinigung der Architekten Oberösterrreichs"; diese versuchte mit dem Workshop die einstmals starke historische Verbindung zwischen Linz und Budweis durch die „Pferdeeisenbahn" bewußt zu machen.

Das Kulturhaus in Linz dient vor allem der Förderung von experimentellen und ungewöhnlichen Projekten. Für fünf tschechische Künstler war dies der geeignete Ort, ihre Pläne für die Umgestaltung des Platzes vor dem Kulturhaus zu entwerfen. Derzeit befindet sich vor dem Kulturhaus ein kleiner Park, einige Parkplätze, eine Tankstelle und eine dicht befahrene Durchzugsstraße. Dem Ideenfluß wurden außer der genauen Standortbestimmung - „Was kann hier sein?" - keine Grenzen gesetzt. Unter dem gleichen Motto setzten sich fünf oberösterreichische Architekten mit dem ,Platz des 1. Mai" in Budweis auseinander. Beide Plätze sind im Laufe des Zweiten Weltkrieges dem Erdboden gleich gemacht und dann in eine Verkehrskreuzung umgewandelt worden. Die Wettbewerbsergebnisse des Workshops sind noch bis 31. August im Budweiser Kunsthaus zu sehen.

Auch die Linzer Veranstaltungsgesellschaft für Konzerte aller Art und für sportliche Aktivitäten hat ihre Beziehungen zur CSFR in den letzten beiden Jahren intensiviert. Die Musikdirektion der LIVA wollte möglichst bald Künstler aus dem Nachbarland holen. Nun ist die „Slowakische Philharmonie" ständiger Gast in Linz. Der „Prager Männerchor" wird am 17. September anläßlich des „Internationalen Brucknerfestes" ein Konzert geben, der „Slowakische Philharmonische Chor Bratislava" wird gemeinsam mit den „Bochumer Symphonikern" die Oper „Brot und Spiele" zur Uraufführung bringen (Text: Max von der Grün, Musik: Günther Wiesemann).

Trinkwasserverbot in Prag

Aber nicht nur in Linz ist man um den Kontakt mit den Nachbarn bemüht. Viele Initiativen gehen auch von lokalen Institutionen aus. So hat das Volksbildungswerk Wilhering heuer am Muttertag elf Musiker aus Strakonice , die „Dudacka Muzika" eingeladen. Hier erlebte das Publikum, daß Vorurteile gegenüber anderen Völkern durch kulturelle Begegnungen abgebaut werden können. Über den gelungenen Abend freute sich besonders der Leiter des Volkbildungswerkes Anton Mittermayr. Der mit anfänglichen Bedenken begonnene Weg wird nun verstärkt fortgesetzt.

Während die böhmischen Musikanten auf Einladung Mittermayrs nach Österreich reisten, besuchten Studenten der Katholisch-Theologischen Hochschule in Linz ihre Kollegen von der Prager Fakultät.

Im Rahmen des Seminars „Prag -eine Stadt zwischen Ost und West" organisierte Monika Leisch-Kiesl, Assistentin des Kunstinstituts (übrigens das einzige in Österreich und Deutschland an einer Katholisch-Theologischen Hochschule) eine Ex-kursion in die CSFR.

Unter der Führung von Günter Rombold, Professor für christliche Philosophie an der päpstlichen Hochschule in Linz, wurde die goldene Stadt Prag besichtigt. Ein wichtiger Teil des Programms waren die Gespräche mit Studenten und Professoren. Beeindruckend für die Linzer war vor allem das Interesse der Prager Studenten an der kirchlichen und politischen Situation im In-und Ausland. In der Diskussion wurde auch die Umweltproblematik deutlich; so zeigte sich zum Beispiel Milan Ma-chovec, Professor für Philosophie, äußerst besorgt über das Trinkwasserverbot für Kinder in Prag.

Dieses Wochenende erwartet man in Oberösterreich erneut Besuch aus der (ÜSFR. Lydia Rappolt ist es gelungen Petr Eben aus Prag anläßlich des „Konradfestivals" nach Oberwang zu holen. Am 17. August wird in der Konradkirche,- die Glasfenster der Kirche hat die Malerin Rappolt selbst entworfen-, ein „Gesprächskonzert" von und mit Petr Eben stattfinden, am 18. August wird Kardinal Franz König das Hochamt feiern, bei dem die „Tschechische Messe" von Petr Eben aufgeführt wird. Es singt der Kammerchor „Canticorum Jubilo" aus Prag.

Dem Komponisten, Organisten und Pianisten war heuer das Komponistenporträt beim „Carinthischen Sommer" gewidmet. Petr Ebens Musik wurde als „Träger von Botschaften für die Wege zur Freiheit" bezeichnet.

Die Staatsgrenzen sind geöffnet, von beiden Seiten werden Brücken gebaut, um die vorhandenen Gräben zu überwinden. Die Stolpersteine un-bewältigter Vergangenheit und unbegründeter Ausländerfeindlichkeit zeigen jedoch die Grenze, die wir uns selbst gesetzt haben.

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