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Musik-Marathon
„Wenn Österreich das Weltmusikland sein oder wieder werden will, dann muß hier in Hinkunft auch die Avantgarde viel mehr zum Zug kommen. Gerade im Mozart-Jahr 1991 wird man uns ohnedies als .Sängerknaben auf Li-pizzanern mit Mozartkugel' zu verkaufen versuchen. Umso mehr müssen wir schon jetzt alle schöpf erischen Kräfte mobilisieren, um nicht als völlig verzopft dazustehen!“
Wiens rühriger Konzerthaus-Generalsekretär Alexander Pe-reira, der in der Wiener Musikszene immer mehr als unkonventioneller Muntermacher agiert, hat vor kurzem mit dieser programmatischen Erklärung für Diskussionen gesorgt. Auch wenn es eigentlich längst außer Frage stehen sollte, daß Konzertveranstalter neue Musik und im speziellen die Arbeiten der Generation nach dem Zweiten Weltkrieg konsequent präsentieren und geistig aufarbeiten sollten, braucht es dazu immer noch Mut.
Den hat Pereira bewiesen, als er 1986 im Konzerthaus den Zyklus „Österreich heute“ auf die Beine stellte und in 32 Veranstaltungen 18.000 Hörer mobilisierte. Damals initiierte er aber auch eine Fragebogenaktion zum Thema „Was bedeutet Ihnen klassische Musik, was Neue Musik?“, deren Ergebnisse nun am 14. und 15. November in einem Symposion mit Komponisten, Veranstaltern, Verlegern, Ausführenden, Kritikern und Vertretern des Publikums diskutiert werden.
Im zweiten Teil des Festivals „Österreich heute“, das heuer zwischen 16. Oktober und 17. November stattfindet, gibt es daher auch „pädagogisch-didaktische Ansätze“. Etwa wenn in diesem Rahmen die großen Alten—Györ-gy Ligeti mit seiner Oper „Le
Grand Macabre“, Friedrich Cerha als Juror im Streichquartett-Wettbewerb und geistiger Mentor, Karl Schiske, der vergessene Vater der Avantgarde - neben einer beeindruckenden Parade der Jungen „unter 35“ stehen werden. Viele der Komponistennamen werden hier vielleicht zum ersten Mal zu hören sein. „Aber ich bin überzeugt, daß so manche dieser Namen in Hinkunft eine Rolle im Musikleben spielen werden“, meint Pereira.
Das zeigt den Weg: Es geht nicht bloß darum, die Jungen wie bei einer Mustermesse anzubieten, es soll auch ein Netz geistiger Zusammenhänge zwischen den „Vätern“, den Lehrern, und ihren Schülern hergestellt werden. Jene musikalischen Tendenzen sollen spürbar gemacht werden, die bislang in den Konzerten kaum zu registrieren waren. Junge Komponisten wie Karlheinz Essl, Herbert Willi, Gerhard Schedl, Paul Engel, Franz Thürauer, Axel Seidlmann, Michael Rot, Herbert Grassl, Maximilian Kreuz, Thomas Larcher, Martin Sierek, Beat Furrer, Mia Zabelka oder Rene Staar werden, präsentiert, und in einem Siebenstunden-Marathon, einer „Langen Nacht der neuen Klänge“, am 6. November, werden sie Revue passieren.
Die Arbeiten dieser Komponisten auf einen Nenner zu bringen ist weder möglich noch sinnvoll, wohl aber kann gezeigt werden, so die Erben von Darmstadt und Donaueschingen weiterarbeiten, wo die „neue Einfachheit“, von Erik Satie und Charles Ives ausgehend, zu einer neuen „Melodik“, Ästhetik und zu neuem musikalischem Denken geführt hat, wo technische Medien neue Strukturen und neue Farben ausgelöst haben. Daraus wird man Schlüsse ziehen können, wohin die Musik zu Ende der achtziger Jahre steuert.
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