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Musikalische Glaubensfragen

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Ein Monteverdi-Gipfeltreffen lieferten Musikverein und Konzerthaus zum Abschluß des heurigen Jubiläumsjahres des Komponisten (350. Todestag). Mit konzertanten Aufführungen von „L'Orfeo” und „L'incoronazione di Poppea” standen die erste (1607) und die letzte (1642) seiner erhalten gebliebenen Opern auf dem Programm.

Die Gegenüberstellung der beiden Darbietungen führt unvermeidlich zu Glaubensfragen in Sachen „Alter Musik'. Denn das Klangbild, das John Eliot Gardiner mit seinen English Baroque Solists für „Poppea” entwarf, verhielt sich zur vom Concentus musi-cus gestalteten „Orfeo”-Interpretation, (die man guten Gewissens als eine von Nikolaus Harnoncourt bezeichnen kann, auch wenn dieser wegen einer Grippe-Attacke nicht selbst dirigierte), wie eine blasse Bleistiftzeichnung zu einem farbkräftigen Ölbild.

Das leidige Prädikat „puristisch” müßte nach diesem Vergleich ab sofort auf Gardiner übergehen. Dieser nämlich unternahm die Entführung des Publikums ins „ Originalklang- Museum”, und zwar mit der denkbar minimalsten Instrumentalbesetzung - 15 Spielerinnen, ausschließlich „Zupfer” und Streicher plus Orgel, keine Bläser.

Dem musikdramatischen Anspruch und der inhaltlichen Brisanz des Stückes wird man so nicht gerecht. Daran vermochte auch die fulminante Sylvia McNair in der Titelrolle nichts zu ändern.

Daß nicht die Wissenschaft „alte” Musik zum Leben erweckt, sondern die Phantasie des Interpreten, bewiesen die bewährte Harnoncourt-Trup-pe und der Arnold Schönberg Chor unter Anthony Rolfe Johnson. Obwohl der englische Tenor aufgrund der Personalunion als Solist und Dirigent nicht immer souveräne Tempo-Dispositionen traf.

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