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Musil als Heim at-Dich ter?

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Bruno Kreisky sagte zur Eröffnung des Robert-Musil-Symposi-ons in Wien, daß er überall in der Emigration, wo er Musil las. die Heimat bei sich wußte. Wie kein anderer hätte es Musil verstanden, die Identität dieses Staates zu definieren. Daß Musil 1942 in Genf und nicht in Wien starb, verband sein Schicksal mit dem anderer Emigranten.

Nichtsdesiotrolz ging es unter dem Titel „Stadt und Urbanität im Werk Musils” munter darum, ob Musil sich als Wiener gefühlt hat oder nicht. Die Antwort darauffiel je nach der Beziehung des Redners zum Patriotismus aus. Die lokalen Germanisten (vor allem die Kärntner Musil-Verwahrer) bemühen sich krampfhaft herauszubekommen, ob es nun das Cafe Herrenhof oder das am Konstantinhügel gewesen sei. Profan werden die Wiener Plätze enträtselt, die Musil mit sehr viel Absicht und Mühe verschlüsselte. Weltbürgerlich gesinnte Redner (darunter Marie Louise Roth, Saarbrücken. Hans Mayer, Tübingen) liej&en Musil als ,,Heimat-Dichter” nicht gelten und setzten sich ob soviel Repatriierungswillen zur Wehr. M usil sei zwar Großstadtromancier, ohne Zweifel, auch sei Wien mit Sicherheil der Nährhoden seines Werks gewesen, doch sei ..Der Mann ohne Eigenschaften” der Entwurf für eine bessere Welt schlechthin. Mithin auch der Entwurf füreine Welt ohne Lokalpatriotismus, wiewohl es auch wieder befremdet, daß die Robert-Musil-Ausstellung demnächst an die Elfenbeinküste geht. Musil in Afrika! Ob all diesem Sekundärgeschehen erhebt sich der eindringliche Auftrag, den ..Mann ohne Eigenschaften” einmal selber zu lesen.

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