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Mut zum Rückzahlen

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In Zahlen sieht der „Mut zum Schuldenmachen" der österreichischen Bundesregierung so aus:

In den fünf Jahren seit dem Rezessionsjahr 1975, in dem allein die Neuverschuldung um 39 Milliarden Schilling (oder 63,5 Prozent) hinaufschnellte, hat sich die Finanzschuld des Bundes von 100 auf 231 Milliarden erhöht. Sie wird seriösen Prognosen zufolge bis Ende dieses Jahres weiterauf 261 Milliarden Schilling ansteigen.

Um ein Gefühl für die Größenordnungen zu geben: Das heißt, daß der Finanzminister in- und ausländischen Schuldnern beispielsweise fünf Allge-

meine Krankenhäuser von der Dimension des Wiener Skandalbaus schuldig ist.

Es ist ziemlich unbestritten, daß uns der „Mut zum Schuldenmachen" 1975 und 1976 einen Konjunktureinbruch und damit Arbeitslosigkeit in ähnlichem Ausmaß wie in anderen Industriestaaten ersparte. Ebenso unbestritten ist freilich auch, daß dem „Mut zum Schuldenmachen" irgendwann der „Mut zum Schuldenzahlen" folgen muß, will der Finanzminister sich wieder einen konjunkturpolitischen Handlungsspielraum in seinem Budget schaffen.

Wie aus dem eben veröffentlichten Finanzschuldenbericht 1980 der österreichischen Postsparkasse hervorgeht, wird Hannes Androsch heuer bereits gut ein Viertel seiner Einnahmen dazu verwenden müssen, um seine Gläubiger zufriedenstellen zu können. Anders ausgedrückt: Ohne Schuldendienst (= Zinsen und Rückzahlung der Kredite) würde unser Budgetdefizit zu einer vernachläßigbaren Größe (nämlich um 36 Milliarden Schilling kleiner) werden.

Und auch unsere Zahlungsbilanz würde entsprechend entlastet: 1980 werden wir über vier Milliarden Schilling an Zinsen für die Staatsschuld ans Ausland überweisen.

Seit wir soviel Courage zum Schuldenmachen haben, sind wir auch sehr einfallsreich, wenn es darum geht, diese Schulden zu verharmlosen. Und was eignet sich dazu schon besser als internationale Vergleiche?

Mit Schulden von 31.000 S pro Kopf der Bevölkerung liege Österreich wohl etwas über den Werten der BRD und der Schweiz, aber deutlich hinter Ländern wie Großbritannien, Schweden und USA zurück, heißt es da. Nimmt man zu den Schulden des Zentralstaates auch noch die der Länder und Gemeinden hinzu, schlage Österreich auch die Wirtschaftsmusterschüler BRD und Schweiz um Längen. In Prozent der Wertschöpfung des jeweiligen Staates (Bruttoinlandsprodukt) ausgedrückt, sei Österreich mit nur 25 Prozent nach wie vor erste Adresse.

Das mag schon sein. Alle Vergleiche freilich beseitigen nicht das beklemmende Gefühl, daß wir international der Einäugige unter Blinden (Wirtschaftspolitikern) sein könnten, die 1929 vergessen haben.

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