Mysterium Vatikanbank
Vermögen und Einkünfte der katholischen Weltkirche, ihrer zweieinhalbtausend Bistümer, ihrer fast zweitausend Ordensgemeinschaften mit ihren Zentren in Rom, sind keineswegs die „des“ Vatikans, des Papstes. Er kann nicht über sie verfügen, sondern allenfalls mit ihrer — finanziell begrenzten — Solidarität rechnen. Nicht einmal als „Bischof von Rom“ kann ein Papst für die Vatikanbedürfnisse auf Mittel seines Bistums zurückgreifen.
Vermögen und Einkünfte der katholischen Weltkirche, ihrer zweieinhalbtausend Bistümer, ihrer fast zweitausend Ordensgemeinschaften mit ihren Zentren in Rom, sind keineswegs die „des“ Vatikans, des Papstes. Er kann nicht über sie verfügen, sondern allenfalls mit ihrer — finanziell begrenzten — Solidarität rechnen. Nicht einmal als „Bischof von Rom“ kann ein Papst für die Vatikanbedürfnisse auf Mittel seines Bistums zurückgreifen.
Sogar innerhalb des Vatikan erschweren bürokratische Verfilzung und getrennte Kassen den Überblick; erst Paul VI. hat sich ihn 1967/68 durch eine kleine Verwaltungsreform etwas erleichtert, und Johannes Paul II. setzte 1981, als die Vatikanfinanzen besonders ins Gerede kamen, eine „Studien-Kommission für Organisations- und Wirtschaftsprobleme“ ein, deren 15 Kardinale jedoch keine Kontrollbefugnis haben. Diese bleibt vielmehr der „Präfektur für Wirtschaftsangelegenheiten“ überlassen, deren fünf Kardinale — darunter Joseph Höffner aus Köln — eine Art Rechnungshof bilden.
Dieser „Wirtschaftspräfektur“ werden aber nur zwei Bilanzen vorgelegt, die des Vatikanstaats (SCV) und die der Vermögensverwaltung des Heiligen Stuhls (APSA) (FURCHE 10/1986). Ausdrücklich entzogen ist dieser Kontrolle jedoch eine weitere vatikanische Kasse, die obendrein trotz ihres unschuldsvollen Namens als einzige ins Gerede gekommen ist: das „Institut für Einrichtungen der Religion“ (Istituto per le Opere di Religione/IOR).
Es sei eine Bank „nicht im üblichen Sinne des Wortes“, so meint diplomatisch-delikat Kardinalstaatssekretär Agostino Casaroli, der zweithöchste Würdenträger des Vatikan. Er selbst sitzt im Aufsichtsrat des Instituts zusammen mit vier anderen Kardinalen, von denen aber nur zwei etwas von Geldgeschäften verstehen dürften: John O’Connor, Erzbischof von New York (also weit von Rom), und Angelo Rossi, der Präsident der päpstlichen Vermögensverwaltung (APSA). Mit eben dieser jedoch hat angeblich diese IOR-Bank überhaupt nichts zu tun — so wenig wie mit dem Vatikanstaat, dessen Regierungspräsident immerhin der gleiche aus Cicero (USA) stammende Erzbischof Paul Marcinkus ist, der als Bankpräsident das IOR leitet.
Dennoch wird auf absolute Autonomie und Trennung der Kompetenzen gepocht - nicht nur nach außen, auch nach innen: „Ich habe in 15 Jąhren als Mitglied der Wirtschaftspräfektur des Apostolischen Stuhles niemals eine Büanz oder eine Unterlage des IOR zu Gesicht bekommen“, sagt Kardinal Hoffner (der nicht nur Theologe, sondern auch Diplom- Volkswirt ist).
Das fromme Geldinstitut war 1942 durch Papst Pius XII. mit einem „Handschreiben“ zur eigenverantwortlichen, „von den Ämtern des Heiligen Stuhles getrennten“ Rechtsperson gemacht worden; das hatte mitten im Zweiten Weltkrieg, aber auch danach, als Devisengesetzgebungen, Währungskrisen und Inflationen den Kapitalfluß behinderten, viele praktische Vorteile für eine Kirchenzentrale, die ihre „Filialen“ in fast allen Ländern der Erde hat. Die wichtigsten der etwa neuntausend Kunden der Vatikanbank sind denn auch Ordensgesellschaften und ihre römischen „Mutterhäuser“, aber auch katholische Wohltätigkeits-, Missions- und Kultureinrichtungen; die Bank verwaltet Spenden-Konten in jeder harten Währung für Bischöfe vor allem armer Länder, aber keine privaten Giro- oder Depotkonten von Jedermann“. Alle Einlagen sollen - laut Statut - „wenigstens teilweise oder in Zukunft“ religiös-kirchlichen Zwecken dienen.
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