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Nach der Weihe
26. April 1987. Weißer Sonntag. Im Wiener Stephansdom wurde Kurt Krenn, der aus Oberösterreich stammende Theologe, vom Wiener Erzbischof Hans Hermann Groer zum Bischof geweiht. Mitkonsekratoren waren der Linzer Diözesanbischof Maximilian Aichern und der polnische Bischof Marian Jaworski, ein persönlicher Freund Krenns. Es gab viel Applaus für Kurt Krenn, aber auch einzelne Protestkundgebungen.
So kurz werden die Geschehnisse dieses Tages vielleicht einmal in einer Chronik stehen. Die Gegenwart hat neben diesen nüchternen Fakten noch die zahllosen Diskussionen um die Ernennung Kurt Krenns vor Augen, und es wird eine Weile dauern und vom guten Willen aller Betroffenen abhängen, daß die Kirche von Wien wieder zur Ruhe kommt.
Daß dies kein Ende des Dialogs bei kircheninternen Konflikten bedeuten darf, hat der neue Weihbischof in seiner Ansprache selbst sehr deutlich ausgesprochen: „Friede heißt nicht stumme und verordnete Ruhe. Dann, wenn die Menschen einander in Würde und mit Würde begegnen, ist Friede.“
Seinen guten Willen hat auch Erzbischof Groer unter Beweis gestellt, als er Vertreter des Forums „Kirche ist Gemeinschaft“ empfing, bei der Weihezeremonie die Hoffnung ausdrückte, die Ge
bete dieses Forums mögen gesegnet sein „wie alle Gebete, die der Einheit dienen“ , und zu gegenseitiger Vergebung aufrief.
Dieses Forum veranstaltete bekanntlich zwei Tage vor der Bischofsweihe beim Katholikentagskreuz auf dem Wiener Heldenplatz einen Wortgottesdienst mit anschließendem Schweigemarsch zum Stephansdom. Nicht Protest, sondern Betroffenheit über die Art und Weise der Bi- schofsemennung sollte damit zum Ausdruck gebracht werden. Am meisten Betroffenheit löste wohl das große Polizeiaufgebot bei der Bischofsweihe aus.
Erzbischof Groer stellte fest, bei der Ernennung sei alles mit rechten Dingen zugegangen, und auch der „Geist des Konzils“ , der letztlich auf dem „Wort des Papstes“ beruhe, sei nicht verletzt worden. Es wäre aber sicher „wünschenswert, wenn ein andermal mehr Zeit wäre“ , mehr Meinungen vor einer Bischofsernennung einzuholen. Diesmal habe die Zeit gedrängt.
„Geben wir einander in Liebe und Frieden die Hand“ , sagte Bischof Krenn gegen Ende der Zeremonie. Dieses Angebot sollten auch seine Kritiker annehmen, den neuen Bischof an seinen Taten messen und ihm — bei allfälligen Meinungsunterschieden - „in Würde und mit Würde begegnen“ .
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