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Nach Österreich und etwas unternehmen

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In den sechziger Jahren war es die Nähe zu den Ostblockländern, die ausländische Unternehmen nach Österreich lockte. Dann war das Land Sprungbrett in die EFTA. Heute rangeln wir mit Hunderten Betriebs-ansiedlungsgesellschaften um jeden potentiellen Interessenten. Mit Erfolg? Ein Dossier von Elfi Thiemer.

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In den sechziger Jahren war es die Nähe zu den Ostblockländern, die ausländische Unternehmen nach Österreich lockte. Dann war das Land Sprungbrett in die EFTA. Heute rangeln wir mit Hunderten Betriebs-ansiedlungsgesellschaften um jeden potentiellen Interessenten. Mit Erfolg? Ein Dossier von Elfi Thiemer.

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„That Austria Offers The Investors“ — mit dieser einladenden Broschüre versuchte 1969 das damalige Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie, potentielle Investoren nach Österreich zu locken.

Inzwischen sind die Hochglanz-Broschüren zahlreicher und noch bunter geworden: Sie preisen Österreich als effizientes, tüchtiges und potentes Wirtschaftsland und verheißen dazu Lebensqualität und wohldosierten Charme.

Die Alpenrepublik war in den sechziger Jahren auch ein geschätztes Investorenland. Räumliche und kulturelle Nähe zu Osteuropa interessierten besonders die USA.

Auch in den siebziger Jahren flössen reichlich Auslandsgelder, vorwiegend in den Dienstleistungsbereich, in Handel und Versicherungen. Gefragt war der Zugang zu den anderen EFTA-Staaten; die Bundesrepublik entwickelte sich dabei zum Spitzenreiter unter den Interessenten.

In den siebziger Jahren mangelte es allerdings auch nicht an lautstarken Warnungen vor einer allzu großzügigen Bereitwilligkeit zur Öffnung unserer Grenzen. Gewarnt wurde vor allem vor einem „Ausverkauf“ Österreichs. Ganze Wirtschaftszweige, hieß es, degenerieren zu verlängerten Werkbänken, während die Konzerne ihre fetten Gewinne ohnehin aus unserem Land absaugen und wenig in Neues investieren. Außerdem erregte die Geschäftspraxis einiger Unternehmen die hiesigen Gemüter. Die Geldherren kamen und gingen, ohne sich um die nationalen oder gar sozialen Interessen eines Landes zu scheren. Rentierte sich eine Produktionsstätte nicht mehr, wurden flugs die Zelte wieder abgebrochen und anderswo aufgebaut,, wo gerade beispielsweise die Lohnkosten niedriger waren.

Solche beziehungsweise ähnliche Vorbehalte und Einwände haben sicherlich ihre Berechtigung (S. 18 und 19), aber im großen und ganzen wird heute in Österreich jeder Spatenstich eines Unternehmens begrüßt. Nicht zuletzt wegen der weit- beziehungsweise europaweiten schlechten Arbeitsplatzsituation. Dementsprechend hart ist auch das Gerangel um Betriebsansiedlungen geworden.

Naturgemäß bemühen sich besonders die Kleinstaaten wie Österreich, Belgien, Irland, Finnland, die Niederlande, Schweden und die Schweiz um zukunftsträchtige Projekte. Aber auch Wirtschaftsmächte wie die USA werben heftig um Investoren; selbst die chinesische Mauer ist für Auslandsbetriebe durchlässig geworden. Besonders erfolgreich sind da Frankreich, England und die Bundesrepublik, Bayern hat bei Hochtechnologieprojekten oft die Nase vorne. Auch die Benelux-länder haben sich zu attraktiven Investitionsländern gemausert.

Die meisten Konkurrenten Österreichs können allerdings mit einer meist schon 20jährigen Erfahrung und einem dement-sprechenden Informationsvorsprung aufwarten. Trotzdem hat auch Österreich bei der Partnersuche recht beachtliche Erfolge vorzuzeigen. General Motors beispielsweise investierte mit ihren Niederlassungen schon Milliardenbeträge in Österreich. Siemens stellte ein Mikroprozessorenwerk in Kärnten auf. Der US-Konzern Cincinnati Milacron entschied sich für Wien als Standort für die europäische Roboterproduktion. Es gibt auch eine Reihe von Niederlassungen ausländischer Hardware-Erzeuger in Österreich.

Erfolgreich sind bei den Ent-scheidungsprozessen zugunsten

„Besonders Kleinstaaten bemühen sich um zukunftsträchtige Projekte“

Österreichs nicht nur die ICD, die im Bundesauftrag agierende Be-triebsansiedlungsgesellschaft; auch die Werbestrategen in den Bundesländern ziehen recht beachtliche Projekte in „ihr“ Bundesland.

Gelockt wird mit einer Reihe von Förderungen wie:

— Kauf von Grundstücken,

- Errichtung von Produktionsstätten,

— Bereitstellung der Einrichtungen,

— niedrig verzinste Kredite,

— Barzuschüsse,

— Haftungsübernahmen,

— Eigenkapitalfinanzierungen. Diese Begünstigungen und

„Zuckerln“ richten sich nach dem Standort, dem Investitionsumfang, der Anzahl der Dauerarbeitsplätze, dem technischen Stand der Produkte und dem Grad der erwarteten Strukturverbesserung beispielsweise in einer Krisenregion.

Was bewirkt ein solches Engagement eines ausländischen Investors beziehungsweise was soll es bewirken?

Meist geht es um die schon angesprochenen Strukturverbesserungen in Problemgebieten wie beispielsweise in der Steiermark, benachteiligten Grenzregionen in Niederösterreich oder im Burgenland. Aber es fließt auch sehr viel an organisatorischem und technischem Know-how mit in ein Land, abgesehen davon, daß Konzerne auch über einen besseren Zugang zu Informationen über neue Technologien verfügen, den sich Österreich erst mühsam und mit hohen Kosten erkaufen und erobern müßte.

So hat auch beispielsweise die Innovationsagentur festgestellt, daß das Fehlen eines europa- oder weltweit tätigen „Austrokon-zerns“ negative Auswirkungen auf das kreative Potential in Österreich hat. Es mangelt Österreich nicht an Spitzentechnikern, Ingenieuren, kompetenten Wissenschaftern oder Erf indungsgei-

,,Österreich mangelt es hauptsächlich an Spitzenmanagern“ stem, sondern schlicht an Top-Managern, die dieses Potential auch ausschöpfen und in verkäufliche Produkte und konkurrenzfähige Techniken umsetzen.

Dementsprechend befruchtend kann da ein ausländisches Management wirken, so daß Betriebsansiedlungen sicherlich nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Sicherung von Arbeitsplätzen gesehen werden sollten.

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