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Nachhilfeunterricht für Kirchenverständnis

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Die Verfasserin ist Redakteurin der St. Pölt-ner Kirchenzeitung „Kirche bunt" und KA-Mitarbeiterin

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Die Verfasserin ist Redakteurin der St. Pölt-ner Kirchenzeitung „Kirche bunt" und KA-Mitarbeiterin

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Wenn man geraume Zeit auf dieser Welt lebt, weiß man, daß alles Zeit braucht um zu wachsen und zu reifen. Trotzdem packt einen manchmal Ungeduld und Un mut. Mir geht es jedenfalls so wenn ich sehe, wie klein aas Pflänzchen „neues Kirchenverständnis" trotz Enzykliken, Konzil, Synode, diverser Räte und einer teilweise anderen Pastoralpraxis immer noch ist.

Wenn z, B._ von vielen (leider noch viel zu vielen) unter Kirche immer noch vor allem Priester, Bischöfe und Papst verstanden werden! Einzelne Aussagen und Entscheidungen dieser werden sehr rasch als die Meinung der Kirche hingestellt. So kann man dann nach Bischofskonferenzen, Papstansprachen, vatikanischen Entscheidungen, aber auch bei simplen pfarrlichen Begebenheiten sehr pauschale - meist noch dazu negative - Urteile über die Kirche hören oder lesen.

Bei solchen, die außerhalb der Kirche stehen oder sich ihr sehr entfremdet haben, ist so etwas zwar bedauerlich, aber verständlich - sie wissen es nicht besser. Wenn es aber Leute von sozusagen innerhalb der Kirche sind, die Äußerungen machen wie „Die Kirche weiß nicht was sie will" oder „Die Kirche bewegt sich rückwärts" und „Die Kirche versäumt wieder eine Chance", auch „Die Kirche gibt wesentliche Werte auf" und „Die Kirche ist nicht mehr katholisch" -dann finde ich das mehr als bedauerlich.

Das Urteil mag im einzelnen Fall durchaus zutreffen, aber pauschal gefällt ist es nicht richtig und zeigt, daß der Blick auf die Gesamtheit und Vielschichtigkeit der

Kirche fehlt und daß die Katholiken, die es fällen, sich nur wenig oder gar nicht mit der Kirche identifizieren wollen und sich ihr eigentlich entgegenstellen. Sie tun damit weder der Sache noch der Kirche als Gesamtheit einen Dienst.

Etwas anderes in puncto Kirchenverständnis scheint mir ebenso bedauerlich zu sein: die unrichtige Auffassung von der Stellung der Aufgabe der Kirche in unserer Welt und Zeit. Auch hier gibt es noch zu viele die meinen, die Kirche müsse neben oder zwischen den verschiedenen Machtblöcken, die da Parteien, Gewerkschaftsbund, Multis und dergleichen heißen, auch als Machtblock stehen, als eine Instanz die mitbestimmt, mitentscheidet, die gefragt wird.

Sie wünschen sich eine Kirche, die „mit einer Stimme" redet, sie warten auf Anweisungen der Priester und Bischöfe (auf ein „Machtwort"!) und meinen, daß davon weitgehend Ansehen und Einfluß der Kirche abhänge.

Sie sehen ein Engagement der Kirche vor allem dort gegeben, wo Bischöfe, Präsidenten kirchlicher Organisationen und katholischer Vereine sprechen und mißtrauen der Vielfalt der Meinungen innerhalb der Kirche zu Fragen der Weltgestaltung, aber auch jenen Christen, die auf verschiedenen Wegen zum gleichen Ziel zu kommen versuchen.

Täte nicht auch hier etwas Nachhilfeunterricht in Sachen Kirchenverständnis not? Etwa das Studium der Gleichnisse über die Kirche, wie das vom Sauerteig, der im Mehl aufgehen soll, vom Salz, das sich in der Speise auflöst, vom Licht auf dem Berg ... Oder etwa das Studium der Konzilstexte: die Kirche als Zeichen des Heils für diese Welt!

Von rivalisierenden Machtkämpfen, die Schlüsselpositionen dieser Erde besetzen, steht dort nichts, wohl aber, daß überall dort, wo ein Christ lebt, aus seinem Gewissen und aus seiner eigenen Verantwortung heraus wirkt, Kirche gegenwärtig ist und ein Stück Welt gestaltet wird.

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