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„Nachtraining” fast wirkungslos

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Die bildungspolitische Diskussion, im Zusammenhang mit einer erschreckenden oberösterreichischen Studie kurz aufgeflackert, hat sich bereits wieder im Sand verlaufen. In jenem Sand, auf den die Hoffnungen bauen, daß Versäumnisse in der Volksschule später ausgeglichen werden können.

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Die bildungspolitische Diskussion, im Zusammenhang mit einer erschreckenden oberösterreichischen Studie kurz aufgeflackert, hat sich bereits wieder im Sand verlaufen. In jenem Sand, auf den die Hoffnungen bauen, daß Versäumnisse in der Volksschule später ausgeglichen werden können.

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Jeder dritte Berufsschulanfänger, hat die Studie (FURCHE 17/1991) ergeben, kann nur mangelhaft lesen, jeder zehnte liest überhaupt so schlecht, daß er einem Text keinen Sinn entnehmen kann. Die von Schulpolitikern vorgetragene Überzeugung, diese Mängel in der Beherrschung elementarer Kulturtechniken im weiteren Verlauf der Pflichtschule noch kompensieren zu können, darf freilich als widerlegt gelten.

Nach ähnlichen Alarmmeldungen vor vier Jahren über den „sekundären Analphabetismus” hat das Institut für Erziehungswissenschaften an der Universität Wien in der Bundeshauptstadt von Oktober 1987 bis Mai 1988 ein Versuchsprojekt zur Leseförderung für Schüler der sechsten Schulstufe begleitet. Versucht wurde, durch entsprechende methodische Maßnahmen Defizite des Leseverhaltens bei Schülern mit schlechten Leseleistungen auszugleichen sowie die Effektivität solcher Methoden für das Leseverständnis und für die Lesegeschwindigkeit zu überprüfen.

Verglichen wurden Schüler(innen) der sechsten Schulstufe aller Gattungen, also der Allgemeinbildenden höheren Schule (AHS) ebenso wie der Hauptschule in den drei Leistungsgruppen. Wobei deutlich wurde, „daß sich die AHS-Schüler in den Leseleistungen insgesamt von allen übrigen Gruppen signifikant abheben; ähnliches gilt für die Schüler der ersten Leistungsgruppe der Hauptschüler, jedoch besteht bereits zwischen diesen Gruppen eine signifikante Differenz. Die Schüler der zweiten und dritten Leistungsgruppe sind bezüglich ihrer Leistungen ähnlich, sie nehmen die letzten Ränge ein” (Untersuchungsbericht).

Nach acht Monaten „Training” war das Ergebnis ernüchternd: „Die Trainingsmethoden erwiesen sich für das sinnerfassende Lesen als wirkungslos.” Vielmehr mußte festgestellt werden: „Eine Untersuchung der Bedeutung der sprachlichen Ausgangsleistung zeigt, daß die Leistungen des Leseverständnisses und der Lesegeschwindigkeit (am Ende der Trainingszeit) kaum durch die Methoden, jedoch sehr wesentlich von sprachlichen Voraussetzungen beeinflußt werden. Dieser Befund spricht gegen die (kompensatorische) Wirksamkeit von Trainingsmethoden.”

„Zu spät” für Maßnahmen

Zwar konnte - unabhängig von den Methoden - „ein Leistungszuwachs bezüglich des Leseverständnisses” beobachtet werden, was aber „mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Faktor .Zeit' zuzuschreiben ist”. Sonst ist das Ergebnis mager ausgefallen: „Ein kompensatorischer Prozeß ist trotz aller Mühe und Plage nicht eingeleitet worden.” Wobei der Bericht auch als Ursache für den ausgebliebenen Erfolg anführt, daß „solche Maßnahmen zu spät einsetzen oder überhaupt unwirksam bleiben, da (präschulisch vorhandene?) Strukturen einen Erfolg verhindern”.

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