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Nachwehen des Kalten Krieges

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Was den Amerikanern Vietnam, das war für die alte Sowjetunion Afghanistan. Das 1979 von Leonid Breschnew begonnene Militärabenteuer im gärenden UdSSR-„Hinterhof' brachte das KP-Regime nicht nur vor dem Forum der Welt, sondern auch vor den bohrenden Fragen der Mütter der Sowjetsoldaten am Hindukusch in Argumentationsnotstand.

Afghanistan hat sicherlich zum inneren Zerfall der Sowjetunion mit beigetragen. Michail Gorbatschow hat das klar erkannt und im Oktober 1988 mit dem Abzug der Sowjettruppen aus Afghanistan begonnen; das Ende mit Schrecken wurde für das zerrüttete Land, dessen Bevölkerung sich während der achtjährigen sowjetischen Besatzung verdreifacht hatte, zu einem Schrecken ohne Ende.

Das kommunistische Regime unter Mohammad Nadschibullah, der Moskauer Marionettenfigur in Kabul, brach nicht - wie vielfach vorhergesagt - unter dem Druck der Mu-dschahedin zusammen. Der Bürgerkrieg, den manche westliche Kommentatoren jetzt kommen sehen, ist seit vier Jahren eine Realität. Die Führer des Widerstands sind zerstritten: Der vierzigjährige Ahmad Schah Massud ist ebenso wie der zweiundvierzigjährige schlitzohrige Gulbuddin Hikmatyar ein Taktierer, die sich politisch auf jene Seite schlagen, die Geld und Waffen liefert.

Massud ist Tadschike, Hikmatyar Paschtu-ne. Die USA unterstützten seinerzeit die Mudschahedin in ihrem Kampf gegen Moskau. Es oblag dem pakistanischen Geheimdienst ISI, die CIA-Gelder zu verteilen. Der 1988 verunglückte pakistanische Militärdiktator Zia ul-Haq setzte auf den Paschtunen Hikmatyar, eine enge Verbindung zwischen den afghanischen und den pakistanischen Paschtunen sollte der Irredenta in Pakistan die Agitationsbasis entziehen.

Die USA litten zwar unter der Afghanistan-Politik Pakistans, Interessengegensätze prallten aufeinander - trotz des gemeinsamen Ziels, die Sowjets aus dem Land zu treiben und - später - Nadschibullah zu stürzen. Nichtsdestoweniger mußte aber auch in Afghanistan der Kalte Krieg gewonnen werden. Mit dem Sturz Nadschibullahs vergangene Woche wurde ein Teil des afghanischen Dramas zwar beendet, der letzte Akt aber noch nicht geschrieben. Jetzt wird der Kampf um den Machtkuchen fortgesetzt. Dazu kommen neue Außeneinflüsse, vor allem aus dem Norden (Tadschikistan). Von einer Befriedung -Wunsch der USA und der UNO - ist das Land weit entfernt. Mit den Waffenlieferungen während der Ära des Kalten Krieges wurde der Stoff für einen neuen Teil des Dramas geliefert.

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