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Digital In Arbeit

Nein zur 35-Stundenwoche

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Aus Gewerkschaftskreisen ist zu hören, daß in Anlehnung an die Bestrebungen in der BRD auch in Österreich einer Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit der Vorrang eingeräumt wird. Abgesehen davon, daß für diese Forderung mit der Notwendigkeit der Schaffung von Arbeitsplätzen argumentiert wird, steht damit die Problematik der Viertagewoche in Verbindung. Schon bei der Einführung der 40-Stunden-Woche mußte vom Parlament gegen den Willen starker Arbeitnehmergruppen das Arbeitszeitgesetz so verändert werden, daß eine Viertagewoche gesetzlich ausgeschlossen bleibt.

Ich wage zu behaupten, daß die 35-Stunden-Woche unlösbare familiäre Probleme auftreten läßt und gesellschaftspolitisch nachteilige Auswirkungen haben muß. Viele Arbeitnehmer werden aus finanziellen Gründen einer Doppelbeschäftigung nachlaufen. Gerade dieser Effekt würde aber die Arbeitsplatzbeschaffung zunichte machen. Die Bewältigung der Freizeit und vor allem die Gestaltung der verlängerten Wochenenden werden anderseits große Probleme in den finanzschwachen Gesellschaftsschichten aufwerfen.

Andere Varianten einer Arbeitszeitverkürzung sind denkbar. Jede sozial orientierte Organisation, die etwas auf sich hält, hat in den letzten Jahren in bezug auf die Arbeitszeitverkürzung Forderungen gestellt. Nachstehende Modelle stehen zur Auswahl, erheben jedoch weder Anspruch auf Vollständigkeit, werden aber auch nicht nach qualitativen Gesichtspunkten gereiht.

Da in Österreich alle utopischen, längerfristigen Konzepte Wirklichkeit geworden sind, haben sicher auch einige der Vorschläge die Chance, realisiert zu werden.

Mehr Urlaub ab 40

Bei der Novelle zum Urlaubsgesetz 1977 wurden gerade ältere Arbeitnehmer nicht berücksichtigt. Eine Woche mehr Urlaub für diese Arbeitnehmer würde aus gesundheitlichen Gründen zu befürworten sein. Tatsache ist, daß diese Variante die Wirtschaft viel kostet. Unabhängig davon müßte aus Gründen der Belastung der Unternehmen und als Kündigungsschutz für ältere Dienstnehmer ein neues Urlaubssystem überlegt werden. Eine Abstellung des Urlaubssystems auf die Dienstzeit, unabhängig bei welchem Dienstgeber und wie oft das Dienstverhältnis gewechselt wurde (ähnlich wie bei den Bauarbeitern - Bauarbeiter-Urlaubskasse), würde bei der Lösung dieser Frage vorteilhaft wirken.

Bildungsfreistellung

Eine Forderung der Katholischen Arbeitnehmerbewegung seit vielen Jahren (bereits für Betriebsräte im Arbeitsverfassungsgesetz verankert) ist der Bildungsurlaub für alle Arbeitnehmer. Im Zusammenhang mit den älteren Dienstnehmern würde ein Bildungsurlaub für die Vorbereitung zur Pension als Überwindung des noch immer auftretenden Pensionsschocks notwendig sein. Wenn auch die Erweiterung des Bildungsurlaubs für Betriebsräte innerhalb einer Funktionsperiode (derzeit 2 Wochen Bildungsurlaub) zur Diskussion steht, sollte nicht der einzelne Mensch benachteiligt werden.

Schichtarbeiter: Mehr Urlaub

Bei Schichtarbeitern würde ein zusätzlicher Urlaub dem gesundheitlichen Schutz Rechnung tragen. Auch bei Arbeitnehmern in Lohndrucksystemen und bei Arbeitern unter Tag würde diese Variante zum Schutz der Gesundheit notwendig und zu befürworten sein.

Pendeln als Arbeitszeit

2,2 Millionen Österreicher pendeln, verbringen mehr als eine Stunde täglich in Verkehrsmitteln von und zur Arbeitsstätte. Neben dem bereits in der Öffentlichkeit diskutierten Pendlerpauschale würde im Zuge der Arbeitszeitverkürzungsdiskussion eine Einbeziehung von Wegzeiten in die Arbeitszeit bei bestimmten Berufsgruppen ratsam sein. Viele Kollektivverträge kennen bereits Regelungen der Fahrzeiten, doch könnte im Sinne der Kodifikation des Arbeitsrechtes generell eine Lösung der Wegzeit (etwa bei Betriebsverlegung, bei Leiharbeitsverhältnissen, für Montage usw.) getroffen werden.

Feiertage auf den Freitag

Die Verlegung von Feiertagen auf einen Freitag wurde in letzter Zeit des öfteren diskutiert. Die Forderung zur Einführung des Karfreitages als gesetzlicher Feiertag für alle Arbeitnehmer sollte durchgesetzt werden.

Herabsetzung des Pensionsalters

Eine Möglichkeit, unter Berücksichtigung des gesundheitlichen Zu-standes jedes Arbeitnehmers, die Pension früher in Anspruch zu nehmen, sollte überlegt werden. Die Herabsetzung des Pensionsalters und die frühere Inanspruchnahme einer Pension könnte schon aus Arbeitsplatzsicherungsgründen überlegt werden. Sicher gibt es auch Arbeitnehmer, die mit einer etwas niedrigeren Pension zufrieden wären, wenn sie vorzeitig aus gesundheitlichen Gründen in Pension gehen könnten. Eine Lockerung der derzeit geltenden Bestimmungen wäre zu überlegen.

Jede Arbeitszeitverkürzung muß jedoch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage, der Sicherung der Arbeitsplätze, aber der Beschaffung neuer Arbeitsplätze erfolgen. Die Diskussion darüber sollte rechtzeitig und sobald als möglich beginnen, damit nicht von vornherein eine starre Haltung einer Sozialpartnerseite vorgegeben ist.

JOSEF MULLER

Der Autor ist stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz und gehört der Fraktion Christlicher Gewerkschafter an.

Höheres Grundkapital

Ende 1978 wurde die Erhöhung des Grundkapitals der Österreichischen Kommunalkredit-AG von 70 auf 100 Millionen Schilling durch Ausgabe von jungen, auf Namen lautenden Aktien beschlossen. Weitere Veränderung: Neben der Genossenschaftlichen Zentralbank und der PSK hat sich nun auch die Republik Österreich an der Kommunalkredit AG beteiligt. Im Vorjahr wurden 17 Darlehen mit einer Gesamtsumme von 156,5 Millionen Schilling bewilligt, der Reingewinn 1978 betrug 3,5 Millionen, heißt es im Geschäftsbericht 1978.

Kurz notiert...

„Ausbildung im Betrieb“ nennt sich eine neue Sendereihe des ORF, die ab 25. April jeden Mittwoch um 19 Uhr ausgestrahlt werden wird. Anlaß dazu ist das neue Ausbildungsgesetz, demzufolge die Ausbilderprüfung für Lehrlinge zur Pflicht wird. Die achtteilige Sendereihe wird von Ossy Kollmann und Kurt Sobotka kabarettistisch aufgelockert, ausgearbeitet wurde sie von den sozialpartnerschaftlichen Institutionen.

Fischer von Erlach's Karlskirche in Wien wird renoviert. In diesem Zusammenhang hat die Länderbank die Kosten für die Wiederherstellung der Orgel übernommen.

Eine Tochtergesellschaft der VÖE ST-Alpine; die „Austromine-ral“, hat vor kurzem einen Beratungsvertrag mit der Volksrepublik Angola abgeschlossen. Sie ist somit eine der ersten Planungsfirmen, die in Angola die Interessen der österreichischen Exportindustrie vertreten.

1500 Traktoren wird Österreich an Vietnam liefern. Die Steyr-Daimler-Puch-Werke haben im Vorjahr einen diesbezüglichen Vertrag unterzeichnet, durch die Kriegsereignisse erscheint jedoch die vorgesehene Aprillieferung fraglich.

1920 Tonnen Schweißelektroden für die Pipeline-Schweißung werden die Vereinigten Edelstahl-Werke AG (VEW) im ersten Quartal dieses Jahres der Sowjetunion liefern.

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Der Europäische Gewerkschaftsbund will seine Kampagne für die Einführung der 35-Stunden-Woche in den europäischen Ländern intensivieren, um gleichzeitig die Arbeitslosigkeit in Europa abzubauen. (ÖGB)

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