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Neue Hoffhungen auf Vereinigung

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Nach dem spektakulären Zusammentreffen Papst Pauls VI. mit dem ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Athenagoras, wurde es um die Einheitsbestrebungen stiller und stiller. Man hatte den Eindruck, als ob nach den großen öffentlichen Gesten die Wiedervereinigungsbestrebungen mit den orthodoxen Kirchen eingeschlafen wären. Seither sind jedoch viele Dinge geschehen, die für ein gegenseitiges Kennenlernen grundlegend wichtig waren.

Die Stiftung „Pro Oriente“ in Wien veranstaltete ihre Symposien und Konsultationen. Ganz besonders nahm sie sich der Altorientalen an. Die fünf altorientalischen Kirchen sind bereits seit dem Konzil von Chalzedon 451 n. Chr. von der katholischen Kirche getrennt. Es sind die koptisch-orthodoxe, die armenische, die syrisch-orthodoxe, die äthiopische und die syro-indische Kirche, die eine eigene Glaubensgruppe bilden und untereinander in Abendmahlsgemeinschaft stehen. Der Grund ihrer Abspaltung lag in einer anderen Auffassung über das Zusammenwirken der göttlichen und der menschlichen Natur Christi

In Wien fanden mit den Theologen der altorientalischen Kirchen vier Konsultationen statt Die erste, 1971, war der Christologie, der Ursache der Abspaltung gewidmet. Zwei Jahre später ging es um die Bedeutung und die Autorität des Konzils von Chalzedon. 1976 wurde die Frage der Konzilien im allgemeinen behandelt, und im September des vergangenen Jahres gab es die letzte große Konsultation über die Fragen des Primates in der Kirche, über das Papsttum, die Patriarchen und Bischöfe. Etwa 40 Theologen nahmen an dieser Veranstaltung in Lainz teil.

Für diese Gespräche und Konferenzen hat „Pro Oriente“ als erste Institution die Tür zu den Altorientalen aufgestoßen. Bei diesen Konsultationen haben die Theologen viel Rohmaterial aufgearbeitet. Resolutionen und Kommuniques wurden abgestimmt. Diese theologischen Gespräche sind zu einem Rechenschaftsbericht zusammengefaßt worden und wurden bereits dem Einheitssekretariat, dem Kardinal Willebrands von Utrecht vorsteht, vorgelegt. Alle Interpretationen, Resolutionen, Kommuniques sowie sämtliche Dokumentationen und Dialoge zwischen dem Vatikan und dem Phanar - dem Zentrum der Altorientalen - sind im „tomos agapis“, dem „Band der Liebe“ niedergelegt.

Am 27. März reist nun eine Delegation von 40 Personen des Kuratoriums von „Pro Oriente“ unter der Führung von Kardinal Franz König und des griechischen Metropoliten von Österreich, Chrisostomos Tsiter, nach Rom, um verschiedenen kirchlichen Stellen diese Arbeit zu erläutern. Bei diesem Anlaß wird Papst Johannes Paul II. offiziell der „tomos agapis“ überreicht werden. Bei dem Gespräch in Rom hofft man auf weitere kirchliche Initiativen und neue Richtlinien.

Nach dem dreitägigen Aufenthalt in Rom wird sich die Delegation am 30. März nach Istanbul begeben, um dem ökumenischen Patriarchen Demetrius I. ebenfalls einen Besuch abzustatten und auch ihm den „tomos agapis“ überreichen.

Kardinal König war der erste Kardinal der katholischen Kirche, der seit der Kirchentrennung einen Patriarchen aufgesucht hat und die Verbindung mit den Orthodoxen aufgenommen hat. Der jetzige ökumenische Patriarch Demetrius I. hat einst als Meliton von Chalzedon die Aufhebung des Bannes vollzogen. Darauf folgte dann ein ekklesiologi-sches Kolloquium zur Frage: „Was ist die Kirche?“ Hier trafen zum ersten Mal Theologen aller orthodoxen Kirchen und katholische Theologen zu einer Konferenz zusammen. Es bestehen also bereits gute Verbindungen zwischen den beiden kirchlichen Würdenträgern und den Theologen beider Seiten.

Die Delegation von „Pro Oriente“ setzt große Hoffnungen auf diese Besuchstour, daß sowohl von vatikanischer wie von orthodoxer Seite neue Initiativen und Richtlinien für eine Weiterarbeit gesetzt werden.

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