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Neue Perspektiven für Vorarlbergs Architektur

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Es scheint, daß die Zeit des Wiederaufbaus vorbei ist, in der kaum jemand etwas dabei fand, bauliche Uberlieferungen zu mißachten. In Vorarlberg sind zum Beispiel in jüngster Zeit eine Reihe von Häusern und Siedlungen ganz oder großteils in Holz gebaut worden, dem traditionsreichsten, gesündesten Baustoff seit je. In Friedrich Achleitners Führer durch die „österreichische Architektur im 20. Jahrhundert” sind einige Vorarlberger Architekten der jüngeren Generation aufgezählt, deren Entwürfe in die Zukunft weisen: Norbert Schweitzer, der andere als protzige Banken zu bauen verstünde, wenn man ihn ließe, Hans Purin, erbitterter Gegner falscher Modernismen im Kirchenbau, Rudolf Wäger, der Pionier, der vom Baufach kommt, und ihre Mitstreiter stehen Altem und Neuem gleich unbefangen gegenüber, stellen Fenster auf den Kopf wie die „hand-made house”-Bauern in den Wäldern der USA und greifen zurück auf die ausladenden Traufen des Rheintalhauses.

Im Bildungshaus Batschuns waren im Frühjahr 1982 Farbbildserien des Grafikers Reinhold Luger ausgestellt, fotografische Diagnosen des Betonkrebses in der Gartenstadt Dornbirn, aber auch Hinweise auf Beispiele sachkundiger Erneuerung des Altbestandes. „An der Unwirtlichkeit von Stadt und Land sind die Häuselbauer genauso beteiligt wie die Wohnbaugesellschaften, die Planer genauso wie die Beamten und

Politiker, die darüber befinden”, meint Luger.

Die Batschunser Ausstellung, begleitet von Gesprächen mit allen Gruppen von Betroffenen, wurde inzwischen schon in einzelnen Gemeinden gezeigt. Sie bedeutet einen Schritt weg von der Einheitsarchitektur, die in Minnesota wie in Winterthur und selbst in den Nobelvierteln von Warschau gepflegt wird. Für Dornbirn, das einmal einen der schönsten Marktplätze Mitteleuropas gehabt haben soll, kommt die architektonische Besinnung gerade recht.

Die City von Bregenz - seit der Eröffnung des Pfändertunnels vom ärgsten Durchzugsverkehr entlastet - wird derzeit an die Autobahn angeschlossen Aber die städtebaulichen Probleme beginnen erst. „Die Rückgewinnung des Seeufers (das heißt des jetzigen Bahnhofsareals) als Erholungsraum für die Bregenzer Bevölkerung ist das wohl wichtigste Erneuerungsvorhaben für die Stadtverwaltung”, heißt es in einem Sammelband des Instituts für Stadtforschung, das, herausgegeben von Conditt/Weber, 1981 erschienen ist.

Dieselbe Stadtverwaltung wollte das freiwerdende Gelände für Garagen und einen vierspurigen Corso verwenden, der die Uferzone erst recht von der Stadt getrennt hätte. Ein Widersinn, auf den der junge Markus Koch im Verlauf seiner Diplomarbeit bei Gustav Peichl in Wien aufmerksam wurde. Koch ging von einer Innenstadtplanung aus, die sich nicht primär am Transitverkehr orientiert, sondern den wertvollsten Baugrund im Land für den Wohnbau verwenden will.

Statt totgeborener Trabantensiedlungen soll das Stadtzentrum mit seiner bestehenden Infrastruktur bewohnt und benützt werden. Kochs durch einen Realisierungsplan in mehreren Varianten ergänzter Vorschlag hat den Stadtvätern zu denken gegeben, und wurde eine Art Grundlage für einen Architektenwettbewerb. Wenn nicht Spekulation und andere sachfremde Überlegungen es verhindern, könnte es in Bregenz zu einer gelungenen Stadterneuerung kommen.

Die Planungsgemeinschaft „cooperative”, deren Mitglied Koch ist, hat sich im übrigen schon einen Namen durch alternatives, weil billiges Planen und Bauen von Einzelhäusern, vor allem aber von Siedlungen in verdichteter Bauweise gemacht, die in einem Land mit wenig verfügbarem Baugrund zu Recht besser gefördert wird. Die größte „cooperative” Siedlung in patentreifer Holzskelett-Bauweise, deren typisches Kennzeichen große, energiespeichernde Glasveranden sind, entsteht im Wienerwald bei Al-land, wo eine Brücke nicht nur die Wohnhäuser, sondern auch ein Kinder- und ein Erwachsenenhaus aus Holz verbinden wird. ken und Auskünften nicht zufriedengab. Er war keineswegs ein „Grüner” des 19. Jahrhunderts, er war gerecht und unbestechlich. Aus einer armen tschechischen Bergwerkerfamilie gebürtig, vermochte er aufgrund seiner Militärausbildung sowie seiner Geologie- und Forstvyirtschaftsstudi-en sachliche Gegebenheiten und private Motivationen bei der geplanten Schlägerung von 54.000 Joch Wienerwald richtig zu beurteilen: Es war der Versuch, Kriegslöcher in der Staatskasse

Diesen vor menschlicher Gier zu retten, würden wir heute vielleicht selbst fertigbringen.

Aber mit den Mängeln in der menschlichen Natur werden wir heute fast noch weniger fertig als damals dieser klar vorausschauende und sozial denkende lautere Mann, der die Anständigkeit hochhielt und sich mit der größten Selbstverständlichkeit für die Ärmsten und Rechtlosesten einsetzte, die keinen Anwalt haben. Und wenn es nur Bäume oder wurzellose Kinder waren.

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