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Neue Religionspolitik

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Die Ideologie hat in China abgewirtschaftet. Alle großen Mao-Bewegungen — Agrarrevolution, Kulturrevolution — endeten im Chaos. Die Mitläufer der Roten Garden sind enttäuscht und müde. Die Wirtschaftsreform war eine Initialzündung für den Konsumismus in China.

In diesem Umfeld sieht der China-Experte Thomas Immoos eine Chance für die Religion; zumal Chinas Kommunisten selbst erkannt haben, „daß sich die Tugenden der Religion mit den Idealen des Kommunismus treffen“.

Das Dokument 19 der KP Chinas vom März 1982 stellt den Beginn einer neuen chinesischen Religionspolitik dar auf der Basis der Erkenntnis, daß die Religionen nicht so schnell absterben, Verfolgung nichts bringe, man sich also auf lange Koexistenz einrichten müsse.

Als Religionsgemeinschäften sind in China heute der Taoismus, der Buddhismus, der Islam, der Katholizismus und der Protestantismus (nicht dessen Denominationen) anerkannt. Diese Religionen dürfen in China wirken, wenn sie eine sogenannte „Patriotische Assoziation“ bilden, ein Organ von Priestern und Laien, die die Gemeinschaft dem Staat gegenüber vertreten.

Der Staat gewährt gewisse Unterstützungen, wie Rückgabe und Restaurierung von Kultgebäuden.

Die „Patriotischen Vereinigungen“ sind keine Kirchen. Trotzdem ist die Lage der Katholiken sehr schwierig.

Die Unverständlichkeit für Chinesen, daß der Papst als Oberhaupt des Vatikanstaates für China Bischöfe einsetzen soll, steht als enormes Hindernis zwischen China und Rom.

Immoos hat eine Lösung parat: Der Vatikan sollte seine diplomatischen Beziehungen mit Taiwan abbrechen und mit China aufnehmen. Die Bischofsbestellung sollte nach Schweizer Modell erfolgen: Chinesische Katholiken wählen ihren Bischof, * und Rom bestätigt die Wahl.

Als absurd bezeichnet der Religionswissenschaftler Versuche, mit Hilfe von Untergrundbischöfen, die Roms Segen besitzen, eine chinesische Untergrundkirche aufzubauen.

Die anhaltenden Spannungen bedeuten nach Immoos eine große Gefahr: auch gutwillige chinesische Katholiken gelangen immer mehr zur Uberzeugung, daß man Rom für die chinesische Kirche eigentlich nicht brauche.

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