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Neue Wege in der Wohnbauförderung

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Der geförderte Wohnbau steckt in einer Krise: Es fehlt Geld. Woher das Geld nehmen? Die niederösterreichische SPÖ forderte etwa in einem Antrag zum sozialistischen Bundesparteitag sogar die Gewährung von Eigenmittelersatzdarlehen aus dem Familienlastenausgleichsfonds. Daher ist es angebracht, sich den Kopf zu zerbrechen und auch nach unkonventionellen Auswegen zu suchen. Denn eines ist jedenfalls klar: Der geförderte Wohnbau muß in den achtziger Jahren neue Wege beschreiten.

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Der geförderte Wohnbau steckt in einer Krise: Es fehlt Geld. Woher das Geld nehmen? Die niederösterreichische SPÖ forderte etwa in einem Antrag zum sozialistischen Bundesparteitag sogar die Gewährung von Eigenmittelersatzdarlehen aus dem Familienlastenausgleichsfonds. Daher ist es angebracht, sich den Kopf zu zerbrechen und auch nach unkonventionellen Auswegen zu suchen. Denn eines ist jedenfalls klar: Der geförderte Wohnbau muß in den achtziger Jahren neue Wege beschreiten.

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Die Sorge um die immer dürftiger werdenden Wohnbauförderungsgel- der war auch einer der Beratungsschwerpunkte der Arbeitsgemeinschaft Eigenheim, die im Vormonat in Linz tagte. In einigen Bundesländern stehen sogar schon Sonderfinanzierungen zur Debatte, um die - teilweise durch Vorgriffe, teilweise aber auch durch andere gesetzliche Verpflichtungen (Annuitätenzuschüsse, Wohnbeihilfen, Eigenmittelersatzdarlehen usw.) - fast zur Gänze verflüchtigten Förderungsgelder wieder aufzufetten.

Natürlich fragt man sich auch, ob das für die siebziger Jahre hervorragend passende Wohnbauförderungsgesetz 1968 der Regierung Klaus auch den Wohnbau der achtziger Jahre meistem kann, zumal die Urfassung durch einige Novellen, die teilweise zu der Geldverknappung beitrugen, verändert wurde. Die damalige Großleistung der Regierung Klaus auf dem Wohnbausektor bestand insbesondere in der Vereinheitlichung der bestehenden Wohnbauförderungen,

somit in der Schaffung gleicher Startbedingungen, in der Föderali- sierung und letztlich auch in der Einführung der Subjektförderung, die, auch hier wurde den Ländern entsprechend Spielraum gelassen, verschiedene Härten sinnvoll auszugleichen vermag.

Aber sollen etwa weiterhin billige öffentliche Gelder auch für ein halbes Jahrhundert ausgeliehen werden und wäre nicht eine kürzere Laufzeit vertretbar? Wären nicht, wie schon übrigens im Statut des alten Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds vorgesehen, die öffentlichen Darlehen rascher zu tilgen, wenn die mit kürzerer Laufzeit ausgestatteten Bankdarlehen ausbezahlt wurden?

Freilich, in bestehende Vertragsverhältnisse darf, bei allen wirtschaftlichen Überlegungen, nicht eingegriffen werden. Der Grundsatz von Treu und Glauben muß auch hier Geltung haben. Aber für alle künftigen Darlehensgewährungen oder wenn ein neuer Darlehensnehmer auftritt, der bei Vertragsabschluß die

geänderten Rückzahlungskonditionen kennt, sollten diese Überlegungen schon angestellt werden, ist doch der Kuchen der aushaftenden öffentlichen Darlehen mindestens 30 Milliarden Schilling groß und könnte der notleidenden Wohnbauförderung einiges bringen.

Auch scheint es nicht unzweckmäßig, den zwingend vorgeschriebenen Annuitätenzuschuß - wie dies übrigens in einer weiteren Wohnbauförderungsgesetznovelle geplant ist - nicht obligatorisch zu gestalten, oder aber davon auszugehen, daß ein Annuitätenzuschuß auch rückzahlbar sein kann, d.h. keinen verlorenen Aufwand darstellt.

Die Zinsenhöhe der Kapitalmarktmittel, die das bestehende Wohnbauförderungsgesetz zwar nach oben hin limitiert, aber damit auch gewährleistet, daß tatsächlich ein gewisses Niveau gehalten wird, führt bei so manchem Wohnungsbauer zur boshaften Bemerkung, daß das Wohnbauförderungsgesetz ei

gentlich auch ein Bankenförderungsgesetz sei. Man sollte also daran denken, die Kapitalmarktdarlehen mit günstigeren Konditionen im Wohnbau einzusetzen und damit die monatliche Belastung in einem erträglichen Rahmen zu halten.

Neben diesen Forderungen der Arbeitsgemeinschaft Eigenheim böte sich eine Überlegung an, die einen nicht unbeträchtlichen Teil des derzeitigen jährlichen Bundesmitteleinsatzes für Wohnbauförderungsmaßnahmen je nach Maßgabe der Wirtschaftslage für eine erhöhte Bundesschuldentilgung oder für konjunkturbelebende Maßnahmen frei machen könnte.

Alle Geldinstitute haben die Verpflichtung, einen gewissen Prozentsatz (durchschnittlich 6,8%) ihrer jährlichen Einlagen der Nationalbank zinsenfrei als sogenannte „Mindestreserve“ (gedacht für Wirtschaftslenkungsmaßnahmen) zu deponieren. Diese sogenannte Mindestreserve betrug Ende 1978 satte 34,6 Milliarden Schilling; zieht man hievon die in Bundesschatzscheinen an

gelegten 6,5 Milliarden ab, verbleiben immerhin noch 28,1 Milliarden, die für gewisse temporäre Förderungsmaßnahmen, wie z.B. Zwischenfinanzierungen, sicherlich zur Verfügung stehen könnten.

Jedenfalls wäre es aber möglich, den jährlichen Zuwachs der Mindestreserve, der seit Ende 1974 etwa gleichmäßig 4 Milliarden beträgt, für Zwecke des Wohnbaues freizugeben. Hält man diesen jährlichen Zuwachsraten den im Bundesvoranschlag 1979 vorgesehenen Bundesbeitrag an die Länder aus Mitteln der Wohnbauförderung 1968 in der Höhe von rund 10,2 Milliarden Schilling gegenüber, kann man die Wirkungsmöglichkeit ermessen.

Müßten die Kreditinstitute den jährlichen Zuwachs der Mindestreserve nicht zinsenfrei der Nationalbank, sondern könnten sie diesen mit einer 2%igen Verzinsung dem Wohnbau zur Verfügung stellen (wobei natürlich die Darlehensgewährung eine gesetzlich geregelte Förderungswürdigkeit voraussetzen müß

te), würde bei einer 30jährigen Laufzeit eine Jahresannuität von 4,46% anfallen, was bei einer 100 Quadratmeter großen Wohnung und angenommenen Gestehungskosten von 10.000 Schilling je Quadratmeter sowie einer 10%igen Eigenmittelbeteiligung des Wohnungswerbers eine monatliche Belastung von 3345 Schilling bedeuten würde. Daß letztlich in den Wohnbau gesteckte Gelder infolge der breiten Risikostreuung zu den sichersten Anlagen zählen, ist branchenbekannt. Dies sollte man konkreter durchdenken.

Der Autor ist Prokurist einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung.

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