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Neue Zwänge nach Quoten
Mehr Frauen in politische Funktionen: diese Forderung unterschreiben auch die Männer aller Parteien. Nur über das Wie ist man geteilter Meinung. Auch unter Frauen.
Mehr Frauen in politische Funktionen: diese Forderung unterschreiben auch die Männer aller Parteien. Nur über das Wie ist man geteilter Meinung. Auch unter Frauen.
Die von Bundeskanzler Fred Si-nowatz aufgestellte Forderung, als Ziel einen 25prozentigen Anteil an Frauen als Funktionärinnen und Mandataren im öffentlichen Leben anzustreben, hat in der Öffentlichkeit einen starken Widerhall gefunden.
Als langjährige Frauenvertreterin der ÖVP-Frauen in Organisationen und Parlament, und zwar in der Partei von der Stunde
Null (1945) an, kann ich dazu aus reicher Erfahrung einige Feststellungen treffen.
Die Frauenfrage ist in jeder Hinsicht ein gesellschaftspolitisches Problem und soll von verantwortungsvollen Stellen auch als solches behandelt werden.
Dabei muß eingangs festgestellt werden, daß die gesetzlich verankerte Gleichberechtigung der Geschlechter die Errungenschaft unseres Jahrhunderts ist, wobei in der Reform des Familienrechtes, um das auch ich als Mandatarin im Parlament gekämpft habe, ein gesetzlicher Abschluß erreicht wurde.
Diese erreichte Gleichberechtigung darf aber nicht als Gleichmacherei verstanden werden, sondern soll zu jener Partnerschaft auf allen Ebenen des Lebens, von der Ehe über Beruf und Institutionen in Kunst und Wissenschaft bis zum öffentlichen Leben mit gegenseitiger voller Anerkennung erstrebt und verwirklicht werden.
In richtig gelebter Partnerschaft soll die Gleichwertigkeit, aber Andersartigkeit von Mann und Frau richtig verstanden und gelebt werden; dann führt sie zu jener Harmonie, welche ihre Werte zum Wohle der Gemeinschaft reifen läßt.
Gegenwärtig finden wir aber in einer überspannten Emanzipationsbestrebung eine Fehlentwicklung, die in allen Bereichen dem
Mann gleichwertig und gleichgestellt werden will, statt sich auf sich selbst zu besinnen und sich bewußt zu werden, welche große Verantwortung und Berufung in ihrer recht verstandenen und verwirklichten Andersartigkeit als Frau ihre mütterlichen Wesenszüge als für die Menschheit so ausschlaggebenden Werte zum Nutzen der Gesellschaft gelebt werden sollen.
Zur speziellen Beantwortung der Frage, ob und in welchem Maße die Frau am öffentlichen Leben als Funktionärin und Mandatarin teilnehmen soll, muß vorerst festgestellt werden, daß eine quotenmäßige Forderung aus verschiedenen Gründen nicht bejaht werden kann.
Erstens ist es der Frau im allgemeinen nicht möglich, sich im selben oder annähernden Verhältnis hiefür zur Verfügung zu stellen, weü schon aus gesellschaftspolitischen Gründen die Frau schon in den 20 Jahren ihrer Mutterschaft der Familie zugehörig ist und daher ein persönliches Engagement im öffentlichen Leben nur in den seltensten Fällen erfüllt werden kann.
Außerdem ist heute in so vielen Fällen schon die oft aus finanziellen Gründen notwendig gewordene Berufstätigkeit der Frau eüie starke Belastung ihrer famüiären Aufgaben.
Jedoch hat sie als Familienmutter im Volk eine entscheidende politische Aufgabe zu erfüllen. Als Erzieherin obliegen ihr neben allen anderen Erziehungsaufgaben auch die gesellschaftspolitische Ausrichtung der Jugend zum vollwertigen und verantwortungsbewußten Staatsbürger. Und als Hausfrau ist sie ein wichtiger politischer Faktor auf dem Gebiete der Finanz- und Wirtschaftspolitik, weü ein großer Teü unseres Volksvermögens durch die Hände der Hausfrau geht. Hiefür gehört freilich die Frau schon im Kindesalter erzogen.
Trotz der Ablehnung der Forderung nach einer quotenmäßigen Teilnahme der Frauen als Funktionärinnen und Mandatarinnen bleibt jedoch die Frage unbestritten, daß Frauen in vielen Aufgaben am öffentlichen Leben teü-nehmen sollen. Im Gegenteil, man müßte bemüht sein, die Gleichwertigkeit der Frau und ihre besondere Berufung als wertvolle Partnerin, die ihre hochwertige und unentbehrliche frauliche Qualität in die Entscheidung im öffentlichen Leben einzubringen hat, besonders zu suchen und zu fördern.
Notwendiges Umdenken
Sicher ruhen noch so manche wertvolle Kräfte im geistigen Potential der Frauen, die auch im öffentlichen Leben wichtige Impulse ihrer weiblichen Intelligenz und Wesensart in das politische Geschehen zum Wohle, der Allgemeinheit einbringen könnten.
So weit sind wir leider noch nicht, weil noch vielfach eine überhebliche Denkungsart der Männer ein Hindernis darstellt, indem sie nicht bereit sind, die Gleichwertigkeit der Frauen auch im geistigen Bereich anzuerkennen. Hier muß noch ein gewaltiger Umdenkungsprozeß bei den Männern Platz greifen.
Die beiderseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit, aber Andersartigkeit der Geschlechter und ihre Aufgabenteilung in der Gesellschaft führt zur richtigen Partnerschaft und ist der ausschlaggebende Grundsatz in der modernen Gesellschaft.
Die Autorin war von 1950 bis 1970 Bundesleiterin der Osterreichischen Frauenbewegung, Abgeordnete zum Nationalrat der OVP von 1949 bis 1970, Mitbeeründerin der Europäischen Frauenunion 1953 und schuf 1969 gemeinsam mit Hertha Firnberg den österreichischen Bundesfrauenrine.
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